Impressionen der Kundgebung und Presse vom 6. August 2020

? Ich sage euch, „DAS war vielleicht ein Ritt“ in der letzten Woche. Ich glaube, ich war nicht zuvor in meinem Leben so angespannt und so aufgeregt wie von Mittwoch, den 5.8. zum Tag nach der Demo. Samstagmorgen kam ich von den unzähligen Adrenalinschüben so langsam wieder runter.

Wenn man Veranstalterin ist, dann ist „Frau“ Ansprechpartnerin für alles und alle. Dass hatte ich unterschätzt als ich vor rund vier Wochen dachte, ich könnte mich den Demos in Deutschland anschließen und eine Kundgebung für Stuttgart organisieren. Johanna Weber vom Berufsverband erotischer und sexueller Dienstleistungen (BesD) war davon begeistert, „Oh ja, mit Pressekonferenz und Laufhausführung!“ Und so stand es dann…

Aus allen Ecken kamen im Vorfeld schon liebe Menschen um mich zu unterstützen, Mut wurde zugesprochen, Flyer wurden entworfen, die Kundgebung wurde angemeldet und Alraune hat sich dann glücklicherweise als zweite Organisatorin angeboten.

Wusstest ihr, dass die Menschen von der Presse manchmal alles wollen und zwar sofort. Am Vortag vor der Demo – inmitten vom Malen der Plakate und vor dem Empfang von Stephanie Klee vom BSD und Nicole und Nadine aus Trier und Köln – habe ich dann nochmal den SWR empfangen und Ihnen für 1,5 Stunden meinen Arbeitsplatz gezeigt. Eigentlich war mir dass alles viel zu viel, aber natürlich wollte ich dass sie Presse gut über uns berichtet und habe das Interview somit noch eingeschoben.

Und ich bin sehr, sehr dankbar – der Beitrag ist super toll geworden – seht selbst.

Nun, tatsächlich war ich am selben Abend nach dem ganzen Tamtam im Fernsehen. Über all diese Dinge hatte ich mir im Vorfeld ehrlich gesagt wenig Gedanken gemacht. Das ganze Programm, Rechtschreibfehler korrigieren, Menschen finden die auf der Pressekonferenz und auf der Kundgebung sprechen, Termine organisieren, Leute informieren, mit den unterschiedlichen Beteiligten kommunizieren etc. – all das hat bereits all meine volle Aufmerksamkeit benötigt.

Der Journalist von der BILD war eine herausfordernde Geduldsprobe, der Herr hat uns nämlich inmitten der Vorbereitung zur Kundgebung, hin und her geschoben wie kleine Mädchen aus Pappmaché und auch genauso mit uns geredet. Ich wäre am Liebsten ausgeflippt und hätte ihm gezeigt, was Respekt bedeutet. Bin ich natürlich nicht, freundlich wie ich bin – ich wollt ja am nächsten Tag nichts von einer zickigen Organisatorin lesen. Habe ich dann auch nicht gelesen ? dafür hat der Kerl Stephanie Klee zur Veranstalterin gemacht und mich zur Sexualpädagogin anstatt zur Therapeutin. Aber „Alles in Allem“ trotzdem gute Presse.

Meine Befürchtung, die Stuttgarter Politik die wir auch gern auf uns aufmerksam machen wollten – macht sich vermutlich aus alledem nichts. Da müssen wir hier wohl am Ball bleiben.

Aber allein für die Vernetzung hier in Stuttgart war das ganze gigantisch ? Ich habe verschiedene Betreiber kennengelernt, Laura Holding Hoppenheit LINKE Stadträtin, der tolle Leiter der AIDSHilfe Franz Kieler, das Café Strichpunkt, die Quere SPD, Leute von den Piraten, Beratungsstellen etc. waren dabei…. sehr sehr gut – für den Anfang!

Also liebe Leute haltet uns die Daumen. Irgendwann müssen wir doch wieder arbeiten dürfen. In Berlin geht es nun auch seit Samstag wieder ?

Hier noch ein paar Fotos und euch einen tollen Tag.

Ach ja, ich habe mir vor lauter Anfragen der Presse nun einen Nachnamen zugelegt… Irgendwann hatte ich ihn im Kopf – eine Bedeutung gibt es nicht. Für mich bedeutet er „im Fließen“ zu sein.

Herzlichst Daria Oniér

Und ein riesen Dankeschön nochmals an alle, die dabei waren:

an alle die im Hintergrund geholfen haben

alle die, die uns von irgendwoher unterstützt haben

an euch treue Leser

Nicole, Johanna, Nadine, MadameKALI, Frank, Patrick, Achim, Jan, Leona, Lou, Sarah, Elke und Markus, Steffi, Julia, Maren, Frank, Leo, Alraune, Norbert, Laura, Nick, Maja, Arachne, John Heer, Johanna Köln, Rainer und allen anderen die ich jetzt vielleicht vergessen habe ?

Demonstration damit die Bordelle wieder öffnen.

SexworkerDemo am 06. August in Stuttgart

Wir wollen wieder arbeiten!!! #RotlichtAN

In Belgien, in der Schweiz, in den Niederlanden, in Tschechien und in Österreich ist Sexarbeit bereits seit z.T. Wochen wieder erlaubt. Trotz der Lockerungen in den meisten Branchen bleiben Prostitutionsstätten fast deutschlandweit geschlossen.

In nur wenigen Städten und Bundesländern gibt es jedoch kleinere Lichtblicke und Wohnungsprostitution ist wieder erlaubt und ein paar Betriebe werden Schritt für Schritt unter Hygienekonzepten wieder geöffnet.

In Stuttgart hingegen wurde die Situation nocheinmal verschärft und seit dem vergangenen Samstag herrscht ein Komplett-Verbot der Prostitution in Stuttgart.

HIER gehts zur Allgemeinverfügung -> https://www.stuttgart.de/img/mdb/item/698984/155558.pdf

Nach lautstarken Protesten in Berlin und Hamburg fordern Sexarbeiter*Innen, Betreiber*innen, Fachberatungsstellen sowie der Berufsverband für Sexarbeiter*innen (BesD e.V.) und der Bundesverband für Betreiber*innen (BSD e.V.) nun auch in Köln ein Ende des Berufsverbot. Dort wird es am 29.Juli eine Demo geben – weitere Infos hierzu findet Ihr hier: Köln

Und wir machen HIER weiter und zwar am 6. August 2020

Unser Programm:

14 Uhr Pressekonferenz (nur für die Presse) im Messalina, Leonhardstraße 7

15 Uhr und 15:30 Uhr je eine Laufhausführung im City-Eroscenter, Leonhardstraße 7 – für alle Interessierten (Nur mit vorheriger Anmeldung zur Einhaltung der Coronaregelungen)

16 Uhr Kundgebung Wilhelmsplatz

Wir freuen uns über jede Unterstützung und zahlreiches Erscheinen!

Lady Leona, Alraune und Daria

Fragen und Anregungen gerne bei mir: Daria

Anmeldung zur Laufhausführung bei Alraune: 0151-59447074

Mein Statement

Hier stehe ich am 2. Juni dem #InternationalenHurentag 2020 

Ich stehe hier heute, 

für meine Freiheit als #Mensch!

Für meine #Freiheit als #SexarbeiterIn!

Für die Anerkennung, dass Sexarbeit Arbeit ist! #SexarbeitistArbeit #sexworkiswork

Für den Erhalt der #Sexarbeit!

Für Verbesserung der Rechte und Bedingungen in der Sexarbeit.

Für eine #Entkriminalisierung der Sexarbeit! 

Für eine #Entdiskriminierung der Sexarbeit!

Für #Ermächtigung #Akzeptanz #Respekt und #Toleranz von Frauen, Männer und Transmenschen in der Sexarbeit!

Dafür, dass man uns Sexarbeiter*innen zuhört und nicht mehr über uns redet!

Dafür, dass alle Menschen, egal welchen Geschlechts in ihrer Sexualität und ihren Bedürfnissen ernst genommen werden!

Dafür, dass jeder Mensch seine #Sexualität frei leben kann, so wie er es möchte – unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe oder Nationalität! 

Ein Hoch auf uns Menschen und auf die #Huren in aller Welt und auf #Sexualität und #Intimität

Happy #Hurentag #internationalwhoresday

#RotlichAN die II – Selfies

Vielen herzlichen Dank eure und Ihre Unterstützung (Sie/ihr könnt auch gerne weiterhin an der Aktion teilnehmen).

Hier die Selfies für #RotlichAN, die mich ganz persönlich erreicht haben, von Menschen die uns so toll unterstürtzen – ich bin ganz happy darüber – ganz vielen Dank euch ?

Natürlich ist die Liste endlos zu aktualisieren ? und ich freue mich immer über neue Bilder.

#RotlichtAN

Liebe Gäste, liebe Sklaven, liebe Neugierige,

als Mitglieder vom Berufsverband Sexarbeit (von Sexworker für Sexworker) nehmen meine Freundinnen und ich natürlich auch, an der Aktion #RotlichtAN – „FÜR legales Arbeiten – GEGEN Sexkaufverbot“, teil.

Bei dieser Aktion können ALLE mitmachen – nicht nur Sexworker.

Nachdem zuletzt mal wieder sehr öffentlichkeitswirksam das Sexkaufverbot gefordert wurde, wollen wir zum internationalen Hurentag am 2. Juni ein Zeichen gegen diese Diskriminierung setzen.

https://berufsverband-sexarbeit.de/index…rotlichtan

Es wäre unglaublich toll, wenn Du/Sie auch bereit wären ein Selfie mit dem #RotlichtAN auf deinem Profil z.B. bei Twitter zu posten und andere animieren mitzumachen <3

Unten nochmal das HOW TO #RotlichtAN

HOW TO Online-Protest – auch anonym möglich

Herzliche Grüße

Miss Daria

Weitere Infos:

Mache ein Selfie von dir – in quer, optimal 500*375

…mit einer geschriebenen oder ausgedruckten Botschaft zum Thema „FÜR legales Arbeiten – GEGEN Sexkaufverbot“
ODER  nutze unsere Logos und posiere damit
ODER nimm eine rote Lampe mit dazu
ODER denk dir was aus…
Du kannst auch mit Maske oder Sonnenbrille teilnehmen.
Das Stigma um Sexarbeit ist immer noch extrem hoch, und du musst dich nicht outen.

Was machst du mit dem Bild?

a) Sende dein Bild an
Johanna -> Mail: johanna@besd-ev.de oder WhatsApp 0151-17519771 oder
Charlie -> Mail: charlie@besd-ev.de oder telegram: @CharlieHansen
Bitte hinzufügen:
• Name oder Künstlername
• wenn möglich: Beruf und Stadt
• wenn vorhanden Webseite (auf Wunsch verlinken wir dein Selfie
Wir stellen es hier auf die Webseite und posten es auf unseren Kanälen bei Twitter und Facebook

b) Poste es selbst in den sozialen Medien mit dem #RotlichtAN
Wir retweeten diese #RotlichtAN Botschaften natürlich

Aktion zum internationalen HurenTag vom BesD

Sprich mit uns statt über uns! ? Diese Veranstaltung findet online statt, ist kostenfrei und steht allen Menschen offen. Den Teilnahmelink für die Zoom-Konferenz findest Du am Tag der Veranstaltung auf unserer Website.  

Vielleicht liest Du öfter mal in der Zeitung von Sexarbeit und fragst Dich, was das eigentlich für Menschen sind, die sich diesen doch eher ungewöhnlichen Beruf ausgesucht haben? Vielleicht hast Du dich einfach nie getraut in ein Bordell zu gehen, eine Escort oder einen Callboy zu buchen oder zu einer Bizarrlady zu gehen? Vielleicht wünscht Du Dir, Du könntest mal ehrlich mit jemanden, der Dich nicht verurteilt, über Sexualität oder andere „Tabuthemen“ sprechen? Vielleicht hast Du schon öfter erotische Dienstleistungen gebucht, aber Du fändest es mal spannend mehr darüber zu erfahren, was „hinter den Kulissen“ so passiert?

Am internationalen HurenTag hat der BesD sich etwas besonderes ausgedacht.

Es wird am 2. Juni in der Zeit von 18:30 und 20 Uhr möglich sein „online“ mit vielen Sexarbeiter*Innen des Projektes Meet a Sexworker auf Zoom in den Abend zu starten.

Du hast dort die Möglichkeit Sexarbeiter*innen sprechen zu hören, anzuschauen und alle Fragen zu stellen, Du die stellen magst. Oder Du beobachtest nur das Geschehen.

Ich bin natürlich auch dabei und wir freuen uns auf Dich.

Daria im Namen des Besd

Glaubenssätze, Meinungsfreiheit und nicht belegte Informationen

In diesen Zeiten des Corona scheinen sich die Fronten verschiedener Richtungen zu verhärten und Aggressivität nimmt zu. Egal, wo man hinschaut, Verschwörungstheorien, Widerstände, und auch die Seite der Regierung wird dominanter – das sagt mir zumindest mein Gefühl.

An diesem Wochenende hatte ich einen sehr speziellen Konflikt mit mir selber und mit einer Veranstaltung auf der ich war, sowie mit den Folgen eines Posts dazu auf Facebook.

Es begann Freitagnacht, als ich eine Einladung, bzw. ein Video von einem Freund bekam für eine Meditation am Schlossplatz in Stuttgart, für den Erhalt unserer Grundrechte. Ich habe mir das Video nachts noch angesehen und entschieden, dass ich dorthin gehen möchte um für meine Rechte friedlich und in Stille eine Stunde lang zu sitzen.

Für die Grundrechte – weil meine Beobachtung der politischen Situation mir Sorgen bereitet – die Diskussionen über Zwangsimpfungen, CoronaApps und Mundschutzpflicht schnüren mir die Kehle zu und machen mir eindeutig mehr Angst als das Virus selbst. Und ich möchte zum Ausdruck bringen, dass ich es ebenfalls besorgniserregend finde, dass sich die Masse der Menschen in Deutschland innerhalb von kürzester Zeit „ent-mächtigen“ lässt. Alle machen vorbehaltlos was die Regierung sagt und es gibt keinerlei Chance etwas anders zu machen und die Menschen, die versuchen zu hinterfragen was gerade passiert, werden denunziert. 

Heute ist der 27. April 2020 – der Lockdown läuft seit 5 Wochen und die Krankenhäuser in Deutschland sind immer noch “leer“. Ja, es sind Menschen an dem Virus gestorben und dennoch sterben viele andere Menschen z.B. an Herzproblemen, weil sie nicht operiert werden können – um die Intensivbetten frei zu halten. Man sollte meinen, dass es nach fünf Wochen nun Lockerungen geben sollte – was ja angekündigt wurde. Aber, das was passiert: „Ab heute gibt es überall in Geschäften und in den öffentlichen Verkehrsmitteln eine Mundschutz-Pflicht!“ 

Man kann davon halten was man möchte, ich beobachte dass die Menschen zunehmend ungehaltener werden und auch die, die sich zu Hause streng an die Isolation halten, langsam aber sicher am Rande ihrer Kapazitäten sind.

Aber zurück zu meinem eigentlichen Thema – Am Samstagmorgen habe ich das Video nochmal angesehen und bei Facebook geteilt um zu schauen, ob noch jemand mit dorthin kommt. Sofort, innerhalb weniger Minuten, habe ich eine Nachricht von einer Freundin bekommen: „Du hast grad etwas von „dem Sender“ gepostet, die sind „rechts“ – dass solltest Du nicht tun!!“ 
Ich wurde von zwei Leuten angehalten, den Post zu löschen und zwar ohne dass ich überhaupt wusste ob das stimmt oder nicht.

Natürlich war ich sofort verunsichert und begann mit mir zu hadern. Wie finde ich raus, ob das stimmt? Ich schrieb ihr dann zurück und bat sie, mir Informationen hierzu zu geben. Sie schickte mir umgehend einen Artikel zu, der vermuten lassen könnte, dass an ihrer Aussage etwas dran sei – aber eben auch nicht mehr. Keinen Beweis und keine Fakten – jemand behauptet etwas über jemand anderen. Ich habe weiter recherchiert und nichts Haltbares gefunden. 

Natürlich möchte ich nicht mit „rechts“-orientierten Menschen in Verbindung gebracht werden – ich bin unparteiisch, und halte unsere Politik am ehesten “korrupt für Korrupt“. Ich bin selber nicht „käuflich“, und kämpfe letzten Endes immer für das Individuum. Egal ob weiß, braun, grau, dick, dünn, männlich, weiblich, trans, behindert… Der Mensch und die Gerechtigkeit sind mir wichtig. 

Den Post bei Facebook  habe ich erstmal stehen lassen (auch wenn es mir schwer fiel) und mich mit zwei weiteren Freunden ausgetauscht, ob ich nun auf diese Meditation gehen kann oder nicht. Im Laufe des Vormittags entschied ich mich dann zu gehen und mir selbst ein Bild davon zu machen, von dem, was ich dort vorfinden würde. Ich habe mir ein Schildchen gebastelt: „Friedlich fürs Grundgesetz!“ und bin am Nachmittag in die Stadt geradelt. Am Schlossplatz angelangt, war ich überrascht über die Menschenmassen (es waren zwischen 300 und 500 Menschen dort versammelt). Es gab letzten Endes nur eine sehr kleine Gruppe die meditierte.

Ich hatte den Eindruck, dass dort scheinbar mehrere Veranstaltungen zur selben Zeit stattfanden. Da ich so viele Menschen traf die ich vom Tanzen kannte, blieb ich bei der großen Gruppe anstatt zu den Meditierenden zu gehen. Den Sprecher fand ich (so mein Bauchgefühl) ein wenig fragwürdig, blieb aber trotzdem fast bis zum Schluss – denn das, was er sagte, fand ich schlüssig. Der ganze Nachmittag und die Demo verliefen friedlich und es ist dort nichts geschehen, was darauf hinweisen könnte das jemand am Platz politisch rechts orientiert gewesen wäre.

Später am Tag war ich noch verabredet und beschäftigte mich nicht weiter mit dem Thema. Bis ich am Sonntagmittag, bei Facebook aufgrund des Videos was ich geteilt hatte, attackiert wurde. Ich möchte gar nicht wiedergeben, was genau dort geschrieben wurde aber die Botschaft war: „Du bist ein naives Ding und somit eine Unterstützung der rechten Szene!“ Ich wurde „entfreundet“ und die Frau, die mich angegangen hatte empörte sich dann auf verschiedenen Portalen über mich, glücklicherweise nicht namentlich.

Ich war sehr verunsichert, alte Glaubenssätze plagten mich und somit verbrachte ich den Rest des Sonntages im Netz, mit Recherchen zu der Meditation, der Demo, der Attacke. Nebenbei schrieb ich mit einem Freund, der politisch deutlich fitter ist als ich, und setze mich mit verschiedenen Themen auseinander. 
Bei Facebook schrieb ich über meinen Eindruck zur Meditation, zur Demo und zu meinem Bedürfnis mich selber zu informieren anstatt etwas aus meinem Profil zu löschen, weil „jemand über jemanden etwas behauptet“. Und ich erbat mir die Möglichkeit, mich selber informieren und mir ein Bild machen zu können.

Tatsächlich fand ich Informationen im Internet, die „wenn ich will“, Schlüsse zur rechten Szene zulassen könnten. Wenn ich jedoch versuche neutral darauf zu schauen ist es so, dass ich es auch anders betrachten kann. Mit welcher Brille betrachte ich die Dinge eigentlich? Gibt es für mich überhaupt noch einen Diskurs, wenn ein Mensch behauptet, dass ein anderer Mensch rechts ist? Ich ertappte mich dabei, dass ich einen Menschen sehr schnell nicht neutral betrachte, wenn ein anderer behauptet dieser sei rechts. Aber ist das fair? Aufgrund einer Behauptung jemanden zu diffamieren, außer Acht zu lassen oder ihm keine Chance zu lassen. Gestern bei Facebook wurde schnell deutlich, dass ich im Grunde keine Chance hatte. Ist es nicht auch so, dass ein Mensch vor Gericht so lange als „unschuldig“ betrachtet wird, bis bewiesen wurde dass er schuldig ist. Aber ich persönlich stehe ja nicht vor Gericht.

Aber ich selber, wie schaffe ich es dennoch, einen Menschen unschuldig, oder besser, nicht stigmatisiert zu lassen? Oder eine Veranstaltung? Oder eben ein Thema? Wenn es nicht mehr um den Inhalt geht, sondern die politische Gesinnung so im Vordergrund steht, das keine Auseinandersetzung mehr sein darf/ kann. 

Diese Demo, die ja nun jede Woche Samstag stattfindet, „könnte“ also nun von Menschen veranstaltet sein, deren politische Orientierung nichts mit mir zu tun hat – der Inhalt, um den es sich dreht der bewegt mich hingegen sehr – darf ich dann trotzdem dorthin gehen? 

Von einem anderen Freund wurde ich heute früh gefragt, wie denn mein Gefühl zu dieser Veranstaltung ist. Durch seine Frage wurde mir klar, dass ich die Verbindung zu meinen eigenen Gefühlen immer wieder vollkommen verloren hatte. Ich war nur mit der Angst beschäftigt, dass ich einen Fehler mache oder das jemand über mich denkt, dass ich rechts sein könnte. Das mit den Fehlern ist sehr alt, es gibt einen Glaubenssatz der heißt: „Ich darf keine Fehler machen“ oder „Wenn ich etwas falsch mache, bin ich nichts mehr wert“.

Die beiden letzten Absätze machen mir deutlich, dass ich mich Aufgrund meines Rufs und meiner eigenen Glaubenssätze nicht traue. Wenn ich aber auf meinen Bauch höre und mir die Wichtigkeit unserer Grundrechte präsent mache, dann sollte ich gehen.

Grade rief eine Kollegin von mir an, weil ich sie heut früh nach ihrer Meinung zu dem Thema befragt habe. Was an unserem Gespräch sehr spannend war, dass sie mich darauf aufmerksam gemacht hat – dass es eigentlich schon sehr lange keinen offenen Diskurs zu vielerlei Thematik gibt. Jede/r beharrt auf seiner Meinung, seiner Wahrheit oder seinem Recht und es gibt dadurch keine Basis für einen Konsens. Vermutlich ist das der Grund warum solche Dinge grade jetzt so massiv an die Oberfläche kommen, und wir merken, dass wir alle einander keine Chance mehr geben. Ich schreibe jetzt wir, weil ich mich daran erinnere, dass ich mich selber auch gerne auf das was ich glaube berufe und der andere mit seiner Meinung bei mir nicht selten keine Chance bekommt.

Ich bin schon sehr tolerant und respektvoll und habe eine große Akzeptanz für alles Mögliche – das ist auch ein Teil von mir persönlich und meiner beruflichen Leidenschaft – aber wenn ich ehrlich sein darf, gelingt mir das eben auch nicht immer. 

Die eine Frage bleibt, wie kann es uns gelingen wieder „miteinander“ in Kommunikation zu kommen? 

Strategien der Prostitutionsgegner*innen

Gerade habe ich einen Artikel aus der Emma gelesen und sehr lange darüber nachgedacht, ob ich bei Twitter darauf antworte. Ich habe angefangen zu schreiben und egal was ich in den Tweet bringen wollte, alles klang nach Rechtfertigung. Wer von euch also mal einen sehr strategischen Artikel von Prostitutionsgegner*innen lesen möchte, hier ist er: Die Chance zum Ausstieg.

Mich nervt diese nicht konstruktive Art sehr und macht mich ohnmächtig und wütend. Somit möchte ich heute ein wenig über die Strategien und Taktiken der Gegnerfront schreiben, damit deutlich wird womit wir es eigentlich zu tun haben. An gewissen Stellen macht es überhaupt keinen Sinn in eine Auseinandersetzung zu gehen, da durch diese Strategien niemals ein offener Diskurs entstehen wird.

Wirklich gut, dass ich grad soviel Zeit habe „dank Corona“ diesen Gedanken zu“Papier“ zu bringen.

Das fällt mir wieder der Tweet der Frau B. ein, den sie am 13. März 2020 bei Twitter veröffentlicht hat, in dem sie unter anderem auf meine Kosten darüber spottet, dass „Man(n) ja schon mal üben könne“. Dieser besagte Spott -Tweet wird ganz unten in dem Artikel der Emma sogar gehypt, was ich persönlich peinlich und erschütternd finde. Solch eine Aussage ist für alle Sexarbeiter*innen, die wegen Corona mit einem Arbeitsverbot belastet sind, einfach nur verachtend. Frau B. freut sich ganz offensichtlich darüber, dass diese Frauen, Männer und Trans-Menschen in kürzester Zeit ihre Mieten nicht mehr zahlen können.

Die Prostitutionsgegner*innen insbesondere hier in Stuttgart, Sisters eV. und Rotlichtaus oder IchBinKeinFreier sind unterschiedliche Vereine und Kampagnen der Gegnerseite, die schon viele Jahre an einem Teppich gegen Sexarbeit knüpfen. Allesamt sind ausschließlich daran interessiert Sexarbeit in jeglicher Form zu beenden. Mir scheint, diese Gegner*innen sind sehr gut darin gecoacht und geübt sind, zu argumentieren, um von sich selber abzulenken und um ein ganz bestimmtes Bild von Sexarbeit in der Welt zu verbreiten, dass gewiss zwar „einer“ Realität entspricht aber niemals die gesamte Bandbreite einbezieht.

Zurück zu den Strategien, eine weit verbreitete Taktik ist es, die Fronten zu spalten. Wie auch in dem oben genannten Artikel, wird stets versucht unter Sexarbeiter*innen und auch in der Gesellschaft in „quasi“ gut und böse zu spalten. Die guten Sexarbeiter*innen die viel Geld verdienen und gute Bedingungen haben, sind die privilegierten und die anderen sind die Opfer, die die man retten muss. Und um zurück zu kommen zu dem Bild was von der Gegnerseite propagiert wird – es handelt sich ausschließlich um DAS Bild des Opfers was verbreitet wird – nur darum drehen sich grundsätzlich alle den Diskussionen. Das beutetet es kann niemals ein offener Diskurs entstehen, weder mit einem zwanghaften Erhalt von dieses Bildes, noch mit einer derartigen Spaltung. Im Bezug auf die Spaltung sollte ich noch erwähnen, dass immer wieder dargelegt es, dass wir „privilegierten“ Sexarbeiter*innen nicht mitreden dürften, weil wir ja „gaaar keinen“ Vergleich geben. Entmachtung ist dann wohl ein weiterer Strategiepunkt.

Für einen offenen Diskurs, wäre es jedoch von grundlegender Wichtigkeit, dass allen KLAR wird, dass rechtlich alle Bereiche der Sexarbeit, im ProstituiertenSchutzGesetz gleichermaßen abgehandelt werden. Tantrastudios, Laufhäuser, BDSM-Studios, Sexarbeit in Wohnmobilen, auf dem Straßenstrich, Personen die in Swingerclubs animieren… Die Liste ist lang und im ProstSchG wird eben nicht in „gut“ und „böse“ getrennt. So lang wie diese Liste ist, wird deutlich, was alles Sexarbeit ist – und glaubt mir – der Anteil an Sexarbeiter*innen, der nicht zu der vermeintlichen Kategorie „Opfer“ gehören ist erstaunlich groß.

Ach und hier sei auch nochmal der Punkt Menschenhandel und ZwangsProstitution erwähnt. Allen sollte ebenfalls KLAR sein, das Menschenhandel gesetzlich geregelt ist und das das Wort ZwangsProstitution eigentlich ein Unwort ist. Sex unter Zwang ist Vergewaltigung und das wiederum ist strafrechtlich auch geregelt. Da sind wir bei der nächsten Strategie angelangt. Dramatisieren mit schlimmen Beispielen und schlimmen Worten. Auf der Gegnerseite ist es sehr weit verbreitet nur mit traurigen, dramatischen und bildhaften Beschreibungen zu argumentieren. Skandalisierte Bilder setzen sich natürlich schnell in den Kopf der Menschen, vor allem denen, denen die breite Vielfalt der Sexarbeit nicht klar ist.

Ein weiterer Punkt, der in dem Artikel auch gut erkennen ist, ist „Angriff ist die beste Verteidigung“. Bei dem Akt, den Berufsverband für erotische und sexuelle Dienstleistung so anzugehen, verschiebt das Thema vollkommen. Im Tweet um den Artikel herum ging es im die Frage, was die ganzen Vereine z.B. Sisters denn aktuell tun, um Sexarbeiter*innen die kein Geld verdienen können, zu unterstützen. Wenn man die Kommunikationen verfolgt, wird schnell deutlich das diese Organisationen wenig bis gar nicht dazu beitragen, die Bedingungen für Sexarbeiter*innen wirklich zu verbessern. Um das zu verschleiern, wird mit Gegenfragen und mit Angriffen agiert. Im Artikel wird der BerufsVerband angegriffen, Argumentiert wird mit Dingen die bisher noch nicht getan wurden. Vorhin habe ich wirklich lange darüber gegrübelt, was ich bei Twitter dazu schreiben kann – aber mir fiel nicht ein, was nicht nach Rechtfertigung klingt. Und ich bin Mitglied im BesD, ich könnte also eine Menge erzählen, von dem was alles wirklich passiert um die Bedingungen für Sexarbeiter*innen, insbesondere im Bereich der prekären Sexarbeit, zu verbessern. Solch ein Handeln weist die GegnerSeite eben nicht auf – deswegen feinden sie den BesD an. Ach und der BesD wird in dem Artikel „LobbyVerband“ genannt – eine weitere Taktik um quasi Fakten zu verwaschen, denn dr Berufsverband ist ein Verband aus aktiv arbeitenden Sexarbeiter*innen. Das Wort LobbyVerband in dem Artikel hinlässt einen schrägen Beigeschmack und zielt (in meinen Augen) scheinbar darauf ein Bild zu hinterlassen, das etwas mit Zuhälterei zu tun hat. (Aber vielleicht bin ich da auch gerade sehr empfindlich)

Ach, Spott ist auch eine gängige Taktik. Hier ein Zitat aus den Emma. „Apropos geiler Job“ Wir erinnern uns an Vertreter*innen der ProProstitutionsLobby, die in Talkshows Mantren der glücklichen Prostituierten herunterbeten….. Ja, da werden auf spöttische Weise, die öffentlichen Auftritten der wenigen Sexarbeiter*innen, die für Anerkennung, gute Bedingungen und Differenzierung der Sexarbeit auftreten, verzerrt und nicht erstgenommen. Apropos „Ernstnehmen“ – ernst genommen wird von der Gegnerseite selten jemand, der in der öffentlichen Diskussion, versucht pro Sexarbeit zu argumentieren.

Und, es wird in der Gegnerfront sehr häufig mit Zahlen jongliert, also mit vermeintlichen Fakten, die jedoch keine sind. Nirgendwo gibt es auch nur einen Ansatz, eine Studio oder Statistik etc. die die Zahlen die z.B. im Text genannt werden, unterstützen. Die 90 Prozent sind schlicht und ergreifend gelogen. Naja, sie wären vielleicht nicht, wenn man ausschließlich von dem Standpunkt Menschenhandel und Armutsprostitution ausginge. ? Tut man ja aber nicht, denn wie WIR wissen ist Sexarbeit weitaus mehr.

Ach, ich könnte den Artikel noch weiter auseinander pflücken, könnte mich richtig in Fahrt bringen, aber dann weiche ich zu sehr von den Strategien ab, die ich deutlich machen wollte.

Aber ich fasse die Strategien und Taktiken nochmal zusammen:

  • Spaltung unter Sexarbeiter*innen
  • Angriff ist die beste Verteidigung, Fragen werden mit Gegenfragen oder Angriffen abgewehrt
  • Entmachtung der Sexarbeiter*innen
  • Verbreiten von Unwahrheiten = Lügen
  • Dramatisieren und skandalisieren von einseitigen Bildern und Sprache
  • Nur ein Bild von Sexarbeit gelten zu lassen
  • Spott

Update vom 24. März 2020

Nachdem ich jetzt gerade mit einer Freundin telefoniert habe und sie sich über die Beschreibung meines FingernagelFouls halb tot gelacht hat, dachte ich, ich ergänze den gestern geschriebenen Beitrag noch schnell mit einer lustigen Anekdote.

Probleme, die das Leben schrieb ?

Ich habe seid einigen Wochen künstliches UV-Gel auf meinen Fingernägeln. Ich mag künstliche Nägel nicht sonderlich, da meine eigenen aber immer so dünn und splittrig sind, habe ich sie verstärken lassen.

In Zeiten des Corona haben aber „natürlich“ sämtliche Nagelstudios geschlossen. Und meine Nägel sahen nun zunehmend schrottiger aus. Also habe ich vor einigen Tagen begonnen sie langsam ab zu pfeilen. Drei Tage hat das unterfangen gedauert – eine Nagelpfeile habe ich dabei zu Grunde gerichtet und seit heut früh nun auch meine eigenen Fingernägel ?

Das Gel ist sehr hartnäckiges Zeug und man braucht Geduld und scheinbar auch ein besonderes Feingefühl – dass ich wohl nicht besitze, denn meine Nägel sind nun so dünn, dass es weh tut wenn ich irgendwo gegen komme.

Wunderbar – dann habe ich also, nach der Hausarbeit und nachdem was Frau eben so tut, stundenlang in der Küche gesessen und drei Schichten Nagellack aufgetragen und trocknen lassen. Ach wusstet ihr, dass man mit künstlichen, sowie mit „fast gar keinen“ Fingernägeln Dinge von Boden so ziemlich gar nicht aufheben kann? Eben ist mit beim Kochen ein Stück Zwiebel runter gefallen – ich brauchte fünf Anläufe um es wieder aufzuheben ?

Da ist die Frage „ob ich verrückt werde“ doch irgendwie naheliegend. Ich habe einfach viel zu viel Zeit. In normalen „nichtCoronaAlltag“ passiert mich so ein Schnickschnack nämlich nicht.

(…In Gedanken lache ich selber nochmal laut über meine Freundin, die am Telefon nicht aufhören konnte zu lachen….und natürlich lache ich über mich selbst…)

Einen heiteren Abend wünsche ich euch.

Ein normales langweiliges Leben? Lustige Gedanke einer ganz normalen Frau ?

Sexarbeiter*innen sind übrigens ganz normale Menschen! Wie normal, werdet ihr jetzt lesen – also lasst euch von niemanden einreden, dass Sexarbeiter*innen nicht normal sind. Wobei ich scherzeshalber des Öfteren denke, dass ich definitiv nicht normal bin.

Aber – was ist schon normal?

Gestern ist mir aufgefallen, dass mir mittlerweile immer mal wieder langweilig ist. In einem Zustand mit zwei Jobs, Hobbys, Freunden, zwei Ausbildungen und dem vielen Reisen durch Deutschland ist mir Langeweile relativ unbekannt.

Die Tage im Rückzug ziehen so dahin und ich bemerke von Tag zu Tag, dass ich mehr und mehr entspanne und ruhiger werde. Einfach mal in der Sonne sitzen und einen Kaffee trinken, ohne Handy, ohne Buch, ohne etwas anderes. „Herrlich!“ Für mich ist diese Zwangspause wirklich gut – ich hatte lange keinen richtigen Urlaub und auf Grund meiner Art zu leben, wirklich wenig Ruhe – jetzt ist sie da, die lang ersehnte „Zeit!“

Noch bin ich nicht in der vollkommenen Entspannung angelangt. Es gibt einen Zustand der besonderen Entspannung, in dem ich gerne Bücher lese, stundenlang. Häufig „muss“ ich Dinge lesen – was dazu führt, dass ich schon mal gar keine Lust mehr habe. Dann kämpfe ich mich durch einen Text. Um aber in einen „LeseEntspannungsZustand“ zu kommen, muss erstmal mein ganzes System einmal runter fahren und dann ist’s soweit und ich sitze stundenlang über einem Buch und geniesse es.

Da bin ich gerade noch nicht angekommen, ich habe hier und da natürlich noch Aufgaben, Rechnungen, Bankgeschäfte, OnlineSkypeTermine, Prozesse zur Entwicklung von GeldeinnahmeQuellen. Durch das existenzielle Thema, das nebenher intensiv arbeitet, scheint es länger zu dauern bis ich im „LeseEntspannungsZustand“ landen kann. Daneben ist es allerdings wunderbar zu spüren wie Langeweile sich trotzdem, in mein Leben, einschleicht.

So zum Bespiel: Normalweise bin ich ein sehr ordentlicher Mensch. Beim Kochen ist es beispielsweise so, dass irgendwann das Essen auf dem Tisch steht und die Küche wieder blitzblank ist. Während ich in meinem wunderbar trubeligen Leben, alles ganz schnell nebenbei mache, läuft es während Zeiten des Corona vollkommen anders. Mit dem Hintertürchen, dass ich ja sooo viel Zeit habe, bleiben plötzlich überall meine Sachen liegen, weil ich sie nicht, wie gewohnt sofort weg räume. Dann komme ich plötzlich fast überrascht in die Küche, sehe das Chaos und wundere mich darüber…darüber dass ich nun dass fünfte Mal Sachen habe liegen lassen, da ich ja soooo viel Zeit habe. Gestern Abend habe ich mich dann mal selber dazu aufgefordert meine Häufchen überall weg zu räumen und jetzt gerade sieht es hier wieder so ordentlich aus wie sonst. Innen wie außen, eine Floskel aus dem Therapeutischen, kommt mir da in den Sinn ? Dort wo ich sonst innen und außen eher geordnet bin, kommt Leben mit ins Spiel. Spannend, dass so beobachten zu dürfen.

Ich schrieb ja bereits, das Menschen in meinem Berufsstand ganz normale Wesen, mit vermutlich ganz normalen Themen sind. Und für die unter euch, die es interessiert schreibe ich (in einem Anflug langer Weile) noch ein paar Dinge aus meinem jetzigen Alltag. Gestern habe ich z.B. das Vogelhäuschen repariert und vorgestern auf dem Hausdach, in der Sonne, Yoga gemacht.

Gewisse Aufgaben bleiben im Alltag ja gerne mal liegen, weil die dazugehörigen Arbeitsschritte aufwendig oder vielschrittig sind.

(….Wortschöpfung aus Langeweile? Oder gibt es dieses Wort wirklich, fragt mich mein Kopf – und da ich keine Lust zum googlen habe, schreibe ich einfach diesen Text in die Klammern – oh mein Gott „bin ich eigentlich verrückt geworden?“ fragt mich die Stimme wieder ?).

Also vielschrittig war auch der Vogelhausprozess (noch eine wortschöpfung) Das Häuschen war mehrfach umgefallen und ich hatte es jedes Mal, mit vielen Nägeln, wieder zusammen gezimmert. Beim letzten „Umfall“ wurde deutlich, dass es so nicht noch einmal funktionieren wird. Bei einer erneuten Reparatur würde ich zu besseren Maßnahmen greifen müssen. Akkuschrauber (meiner hatte das ewige gesegnet) Schrauben, Holzleisten waren von Nöten. Es war also klar, dass ich vorher in den Baumarkt muss, also lag das Häuschen schon etwas länger herum, natürlich weil ich so wenig Zeit hatte.

Ein Leben in Zeiten des Corona, bringt auch Zeit für den Baumarkt mit. Freitag war ich also endlich mit einer Freundin im Baumarkt…

(…darüber könnte ich auch lustige Geschichten, mit dem Titel „Baumarkt in Zeiten des Corona“, schreiben. Es war wirklich der schrägste BaumarktBesuch meines Lebens. Aber, das lasse ich aber jetzt besser – mein Gehirn scheint gerade alles was ich denke umgehend verschriftlichen zu wollen – auch ein ganz neuer Zustand)

Der Akkuschrauber hat mir gestern dann den Tag gerettet. Hätte ich versucht, mich dem Häuschen ohne ihn auch nur zu nähern wäre es sehr, sehr, sehr, sehr schwierig geworden und vermutlich hätte ich am Ende das Vogelhaus vom Vordach geworfen.

Ich habe alles auseinander gebaut und doppelt und dreifach stabil wieder zusammengebaut – was nicht so einfach war – denn das Haus war von der Produktion her schon ziemlich labbrig hergestellt. Ein paar Stunden später habe ich es dann in die Blumenkästen eingebuddelt und es beobachtet – Frau hat ja viel Zeit ?

So saß ich dort mit meinem Kaffee und meiner Mitbewohnerin auf dem Dach und während sie mir lustige Geschichten von schrägen Prinzessinnen (von Walter Moers) vorlas, fiel mir dann plötzlich ein (kreative Ideen entstehen immer in Zeiten der Ruhe und niemals im Stress) wie ich das Vogelhäuschen so stabilisieren kann, dass es nicht im nächsten Sturm erneut die Biege macht. Und nun, am nächsten Tag, hängt an vier Punkten des Häuschens, an einem Punkt zusammenlaufend ein Sandsack darunter und das Vogelhäuschen wackelt überhaupt nicht mehr! Es sieht absolut bescheuert aus aber ich gehe einfach von dem Gedanken aus, das die Vögel trotzdem glücklich und statt werden.

Mhhh, ich sitze hier und schmunzele über mich…

(…während mein Hirn mir versucht mir lustige, böse und verrückte Dinge über mich einzutrichtern, darüber warum ich diesen Text besser löschen als veröffentlichen soll. Ich kann es doch nicht wagen, EUCH allenernstes einen riesigen Absatz über meine VogelhausReparatur zu schreiben)

…und über den Text schmunzele ich auch. Und ich veröffentliche ihn trotzdem, damit ihr wisst, was ich so treibe.

Corona bzw. Langeweile und bringt erstaunliche Dinge in mir hervor – bei euch auch? Denn, ich schreibe hin und wieder schon gerne Texte, aber das ich nicht aufhören kann und will, ist NEU. Also falls ihr bis hierher gekommen seid, „Hut ab“ schlimmer wird es nicht.

Was ich aber auch noch schreiben wollte ist es, dass ich meine Arbeit sehr vermisse. Gestern habe ich bei Twitter einen wunderbaren Artikel einer tollen Kollegin aus Berlin gelesen. Kristina Marlen hat darüber geschrieben warum sie ihre Arbeit so sehr vermisst. Beim Lesen ihres Textes habe ich Sehnsucht und Angst bekommen. Ich habe Angst davor bekommen, dass ich wirklich bis zum 15.6. (Eine Ansage explizit von der Stadt Stuttgart) meine Arbeit nicht ausüben darf. Ich liebe meine Arbeit und brauche sie im Grunde genommen auch, bei weitem nicht nur zum Geld verdienen. Die Intimität, die Nähe, der Kontakt, die Erregung…. Einfach fantastisch!

Wusstet ihr, dass der Körper Stresshormone ausschüttet, wenn er alleine ist? Der Mensch ist von Natur aus kein Einzelgänger. Und wusstet ihr, dass Umarmungen, die mindestens 20 Sekunden lang andauern, antidepressiv wirken?

Und ich brauche und liebe körperliche Nähe, ich liebe es wenn meine Hände, meine Haut, mein Körper sich an anderen Körper schmiegen kann. Bis Juni kann ich deswegen ganz sicher nicht ohne meine Arbeit sein, dann werde ich ggf. vorübergehend in Hamburg oder in Berlin gastieren, um mich weiterhin in meiner Arbeit zu verwirklichen zu dürfen.

In jedem Falle bin ich ganz glücklich darüber, dass ich nicht alleine lebe. Und ich bin froh darüber, dass ich eine Hand voll Kontakte pflege kann. Ich verhalte mich brav und safe, ohne Kontakt zu Menschen aus der Risikogruppe. Die Kontakte jedoch, die ich habe finden auch mit Umarmungen und ganz alltäglicher Nähe statt. Es ist wirklich wichtig für das Immunsystem, dass Angst nicht das Geschehen regiert. Das war dann wohl die Therapeutin in mir – aber das musste gesagt werden.

Also, soviel erstmal ? sollte ich noch mehr Langeweile haben, melde ich mich wieder… Ist immerhin mein Blog!

Passt bitte auf euch auf und lasst es euch gut gehen.

Herzlichst Daria

P.S.

Noch etwas in eigenem Interesse für alle die mich/bzw. meine Freundinnen und mich unterstützen möchten.
Ich wurde mittlerweile mehrfach gefragt, wie man uns unterstützen kann? Amazongutscheine machen keinen Sinn – PayPal, LebensmittelGutscheine für Rewe, Alnatura oder DM sind einfach besser – denn mit Amazon gehen die überlebenswichtigen Dinge leider nicht. Und bei uns geht es nun mal um existenzielle Dinge, Essen und Trinken, Mieten, Versicherungen etc.