Glaubenssätze, Meinungsfreiheit und nicht belegte Informationen

In diesen Zeiten des Corona scheinen sich die Fronten verschiedener Richtungen zu verhärten und Aggressivität nimmt zu. Egal, wo man hinschaut, Verschwörungstheorien, Widerstände, und auch die Seite der Regierung wird dominanter – das sagt mir zumindest mein Gefühl.

An diesem Wochenende hatte ich einen sehr speziellen Konflikt mit mir selber und mit einer Veranstaltung auf der ich war, sowie mit den Folgen eines Posts dazu auf Facebook.

Es begann Freitagnacht, als ich eine Einladung, bzw. ein Video von einem Freund bekam für eine Meditation am Schlossplatz in Stuttgart, für den Erhalt unserer Grundrechte. Ich habe mir das Video nachts noch angesehen und entschieden, dass ich dorthin gehen möchte um für meine Rechte friedlich und in Stille eine Stunde lang zu sitzen.

Für die Grundrechte – weil meine Beobachtung der politischen Situation mir Sorgen bereitet – die Diskussionen über Zwangsimpfungen, CoronaApps und Mundschutzpflicht schnüren mir die Kehle zu und machen mir eindeutig mehr Angst als das Virus selbst. Und ich möchte zum Ausdruck bringen, dass ich es ebenfalls besorgniserregend finde, dass sich die Masse der Menschen in Deutschland innerhalb von kürzester Zeit „ent-mächtigen“ lässt. Alle machen vorbehaltlos was die Regierung sagt und es gibt keinerlei Chance etwas anders zu machen und die Menschen, die versuchen zu hinterfragen was gerade passiert, werden denunziert. 

Heute ist der 27. April 2020 – der Lockdown läuft seit 5 Wochen und die Krankenhäuser in Deutschland sind immer noch “leer“. Ja, es sind Menschen an dem Virus gestorben und dennoch sterben viele andere Menschen z.B. an Herzproblemen, weil sie nicht operiert werden können – um die Intensivbetten frei zu halten. Man sollte meinen, dass es nach fünf Wochen nun Lockerungen geben sollte – was ja angekündigt wurde. Aber, das was passiert: „Ab heute gibt es überall in Geschäften und in den öffentlichen Verkehrsmitteln eine Mundschutz-Pflicht!“ 

Man kann davon halten was man möchte, ich beobachte dass die Menschen zunehmend ungehaltener werden und auch die, die sich zu Hause streng an die Isolation halten, langsam aber sicher am Rande ihrer Kapazitäten sind.

Aber zurück zu meinem eigentlichen Thema – Am Samstagmorgen habe ich das Video nochmal angesehen und bei Facebook geteilt um zu schauen, ob noch jemand mit dorthin kommt. Sofort, innerhalb weniger Minuten, habe ich eine Nachricht von einer Freundin bekommen: „Du hast grad etwas von „dem Sender“ gepostet, die sind „rechts“ – dass solltest Du nicht tun!!“ 
Ich wurde von zwei Leuten angehalten, den Post zu löschen und zwar ohne dass ich überhaupt wusste ob das stimmt oder nicht.

Natürlich war ich sofort verunsichert und begann mit mir zu hadern. Wie finde ich raus, ob das stimmt? Ich schrieb ihr dann zurück und bat sie, mir Informationen hierzu zu geben. Sie schickte mir umgehend einen Artikel zu, der vermuten lassen könnte, dass an ihrer Aussage etwas dran sei – aber eben auch nicht mehr. Keinen Beweis und keine Fakten – jemand behauptet etwas über jemand anderen. Ich habe weiter recherchiert und nichts Haltbares gefunden. 

Natürlich möchte ich nicht mit „rechts“-orientierten Menschen in Verbindung gebracht werden – ich bin unparteiisch, und halte unsere Politik am ehesten “korrupt für Korrupt“. Ich bin selber nicht „käuflich“, und kämpfe letzten Endes immer für das Individuum. Egal ob weiß, braun, grau, dick, dünn, männlich, weiblich, trans, behindert… Der Mensch und die Gerechtigkeit sind mir wichtig. 

Den Post bei Facebook  habe ich erstmal stehen lassen (auch wenn es mir schwer fiel) und mich mit zwei weiteren Freunden ausgetauscht, ob ich nun auf diese Meditation gehen kann oder nicht. Im Laufe des Vormittags entschied ich mich dann zu gehen und mir selbst ein Bild davon zu machen, von dem, was ich dort vorfinden würde. Ich habe mir ein Schildchen gebastelt: „Friedlich fürs Grundgesetz!“ und bin am Nachmittag in die Stadt geradelt. Am Schlossplatz angelangt, war ich überrascht über die Menschenmassen (es waren zwischen 300 und 500 Menschen dort versammelt). Es gab letzten Endes nur eine sehr kleine Gruppe die meditierte.

Ich hatte den Eindruck, dass dort scheinbar mehrere Veranstaltungen zur selben Zeit stattfanden. Da ich so viele Menschen traf die ich vom Tanzen kannte, blieb ich bei der großen Gruppe anstatt zu den Meditierenden zu gehen. Den Sprecher fand ich (so mein Bauchgefühl) ein wenig fragwürdig, blieb aber trotzdem fast bis zum Schluss – denn das, was er sagte, fand ich schlüssig. Der ganze Nachmittag und die Demo verliefen friedlich und es ist dort nichts geschehen, was darauf hinweisen könnte das jemand am Platz politisch rechts orientiert gewesen wäre.

Später am Tag war ich noch verabredet und beschäftigte mich nicht weiter mit dem Thema. Bis ich am Sonntagmittag, bei Facebook aufgrund des Videos was ich geteilt hatte, attackiert wurde. Ich möchte gar nicht wiedergeben, was genau dort geschrieben wurde aber die Botschaft war: „Du bist ein naives Ding und somit eine Unterstützung der rechten Szene!“ Ich wurde „entfreundet“ und die Frau, die mich angegangen hatte empörte sich dann auf verschiedenen Portalen über mich, glücklicherweise nicht namentlich.

Ich war sehr verunsichert, alte Glaubenssätze plagten mich und somit verbrachte ich den Rest des Sonntages im Netz, mit Recherchen zu der Meditation, der Demo, der Attacke. Nebenbei schrieb ich mit einem Freund, der politisch deutlich fitter ist als ich, und setze mich mit verschiedenen Themen auseinander. 
Bei Facebook schrieb ich über meinen Eindruck zur Meditation, zur Demo und zu meinem Bedürfnis mich selber zu informieren anstatt etwas aus meinem Profil zu löschen, weil „jemand über jemanden etwas behauptet“. Und ich erbat mir die Möglichkeit, mich selber informieren und mir ein Bild machen zu können.

Tatsächlich fand ich Informationen im Internet, die „wenn ich will“, Schlüsse zur rechten Szene zulassen könnten. Wenn ich jedoch versuche neutral darauf zu schauen ist es so, dass ich es auch anders betrachten kann. Mit welcher Brille betrachte ich die Dinge eigentlich? Gibt es für mich überhaupt noch einen Diskurs, wenn ein Mensch behauptet, dass ein anderer Mensch rechts ist? Ich ertappte mich dabei, dass ich einen Menschen sehr schnell nicht neutral betrachte, wenn ein anderer behauptet dieser sei rechts. Aber ist das fair? Aufgrund einer Behauptung jemanden zu diffamieren, außer Acht zu lassen oder ihm keine Chance zu lassen. Gestern bei Facebook wurde schnell deutlich, dass ich im Grunde keine Chance hatte. Ist es nicht auch so, dass ein Mensch vor Gericht so lange als „unschuldig“ betrachtet wird, bis bewiesen wurde dass er schuldig ist. Aber ich persönlich stehe ja nicht vor Gericht.

Aber ich selber, wie schaffe ich es dennoch, einen Menschen unschuldig, oder besser, nicht stigmatisiert zu lassen? Oder eine Veranstaltung? Oder eben ein Thema? Wenn es nicht mehr um den Inhalt geht, sondern die politische Gesinnung so im Vordergrund steht, das keine Auseinandersetzung mehr sein darf/ kann. 

Diese Demo, die ja nun jede Woche Samstag stattfindet, „könnte“ also nun von Menschen veranstaltet sein, deren politische Orientierung nichts mit mir zu tun hat – der Inhalt, um den es sich dreht der bewegt mich hingegen sehr – darf ich dann trotzdem dorthin gehen? 

Von einem anderen Freund wurde ich heute früh gefragt, wie denn mein Gefühl zu dieser Veranstaltung ist. Durch seine Frage wurde mir klar, dass ich die Verbindung zu meinen eigenen Gefühlen immer wieder vollkommen verloren hatte. Ich war nur mit der Angst beschäftigt, dass ich einen Fehler mache oder das jemand über mich denkt, dass ich rechts sein könnte. Das mit den Fehlern ist sehr alt, es gibt einen Glaubenssatz der heißt: „Ich darf keine Fehler machen“ oder „Wenn ich etwas falsch mache, bin ich nichts mehr wert“.

Die beiden letzten Absätze machen mir deutlich, dass ich mich Aufgrund meines Rufs und meiner eigenen Glaubenssätze nicht traue. Wenn ich aber auf meinen Bauch höre und mir die Wichtigkeit unserer Grundrechte präsent mache, dann sollte ich gehen.

Grade rief eine Kollegin von mir an, weil ich sie heut früh nach ihrer Meinung zu dem Thema befragt habe. Was an unserem Gespräch sehr spannend war, dass sie mich darauf aufmerksam gemacht hat – dass es eigentlich schon sehr lange keinen offenen Diskurs zu vielerlei Thematik gibt. Jede/r beharrt auf seiner Meinung, seiner Wahrheit oder seinem Recht und es gibt dadurch keine Basis für einen Konsens. Vermutlich ist das der Grund warum solche Dinge grade jetzt so massiv an die Oberfläche kommen, und wir merken, dass wir alle einander keine Chance mehr geben. Ich schreibe jetzt wir, weil ich mich daran erinnere, dass ich mich selber auch gerne auf das was ich glaube berufe und der andere mit seiner Meinung bei mir nicht selten keine Chance bekommt.

Ich bin schon sehr tolerant und respektvoll und habe eine große Akzeptanz für alles Mögliche – das ist auch ein Teil von mir persönlich und meiner beruflichen Leidenschaft – aber wenn ich ehrlich sein darf, gelingt mir das eben auch nicht immer. 

Die eine Frage bleibt, wie kann es uns gelingen wieder „miteinander“ in Kommunikation zu kommen? 

Mundschutz, Klopapier und andere Dinge

„Bildergeschichten“

Liebe Gäste, liebe Neugierige, liebe Sklaven*innen,

heut ist es an der Zeit mal wieder ein paar persönliche Zeilen los zu werden.

Geht es euch auch so, dass ihr trotz weniger oder gar keiner Arbeit zu nichts kommt? Ich habe mir zwei vollkommen freie Wochen geschaufelt und habe immer noch den Eindruck, ich komme zu nichts.

Allerdings genieße ich es ungemein, den ganzen Tag über das zu tun, was mir gerade in den Kopf kommt. Auch, wenn ich dann nicht zu dem komme, was ich eigentlich tun wollte: „Schreiben“ zum Beispiel.

Vor zwei Wochen habe ich jeden Tag getanzt – dann einen Spiegel gekauft, damit ich eine Choreografie einstudieren kann…seitdem der Spiegel da ist….hab ich nicht mehr getanzt ? Und irgendwie darf das dennoch grad sein – ein Zustand den ich „ehrlich gesagt“ niemals kennen gelernt habe. Bei uns zu Hause gab es nie viel Geld und ich arbeite neben der Schule, seitdem ich zwölf bin. Angefangen bei Babysitting und Zeitungen austragen, über Verpackungsfabriken in den Ferien, Arbeit in Hotel, Kneipe, Fenster- und Türenbau bis hin zum Putzjobs. Ja, ich hab schon ein bissel was gesehen und möchte behaupten, dass ich weiß was „Arbeit“ und auch was „Armut“ beutetet. Und vor Corona hatte ich in gewisser Weise, nicht mehr zu bändigenden Stress, keine Ahnung wie ich ein solches „Soll“ jemals wieder hinbekommen soll.

Nach dem das Tanzen grad nichts ist, radle ich mittlerweile fast jeden Tag zwischen 20 und 50 km – gut für mein Popöchen würde ich sagen… Hier meine beiden Süßen:

Wenn ich nicht meine beiden Süßen bewege mache ich andere ganz feine Dinge. Meine Freundin und ich haben uns einen Massageautausch eingerichtet, wir treffen uns wöchentlich und genießen es sehr, die körperliche Ebene zu füllen. Mit einer anderen Freundin wechseln wir uns beim Kochen und besuchen abwechselnd oder wir gehen wandern. Das Lesen klappt wieder und ich schmökere grad ein Buch über die PolyvagalTheorie von Steven Porges – unfassbar spannend – aus therapeutischer Sicht und für mich ganz persönlich. Gestern Abend hab ich gelernt, wie ich innerhalb von weniger als zwei Minuten, meinen Nacken Kopfbereich vollkommen entspannen kann.

Scheinwerferwechsel aufs Hausdach: Hier gibst regelmäßige Taubendramen ? Anton und Marlene (ein Taubenpärchen) besuchen uns täglich – trinken Wasser, baden, haben Sex und knabbern ein paar Körner. Nein – wir haben nicht angefangen das fest zugezimmerte Vogelhaus für Tauben frei zu geben. Eigentlich ist Tauben füttern ja verboten, da sie aber in diesem CoronaZeiten sehr wenig finden, sind diese Regelungen gerade etwas aufgeweicht…. und wir füttern nur die Beiden direkt an unserer Tür ?. Sie sind sehr lernfähig, denn sie haben mittlerweile raus, dass die nichts bekommen, wenn andere Artgenossen dabei sind. Nun scheuchen sie immer ihre Kolleg*innen hin und her – niedlich wie sie so übers Dach wackeln. Irgendwann kamen sie abwechselnd und es war klar, dass sie brüten. Am letzten Wochenende kam Marlene morgens ganz verklebt hier an – sie hatte ihr Baby verloren – das Ei klebte noch halb am Bauch… Mh, sehr traurig aber von da an kamen sie wieder zusammen. Und dann, seit drei Tagen das nächste Drama: “Anton hat jetzt eine Fesslung an den Beinen“ …er hat sich in einem Stück Garn verheddert – autoBDSM? Leider kann er nicht mehr richtig laufen, er humpelt und liegt jetzt meist herum. Man kann sehen das er Schmerzen hat und das der eine Zeh ganz feste abgeschnürt ist. Wir haben mehrfach versucht ihn einzufangen mit Tüchern, Wäschekorb und selbst gebauten Keschern – zwecklos – die sind einfach zu schlau oder zu scheu.

Da ist „Frau“ plötzlich ganz Mutti oder Tierschützerin und in Sorge um die Viecher und das nur weil sie viel mehr zu Hause ist als sonst. Ich weiß schon warum ich keine Haustiere habe. Aber interessiert euch das eigentlich?

Marlene mit Ei am Bauch…

Ich schreibe hier, wie die letzten Male, einfach mal alles mögliche zusammen, was mir in den Kopf kommt. Ja, Corona macht mich durchlässiger und privater als sonst und es wäre interessant zu wissen was das mit euch macht? Von einigen lieben Menschen bekomme ich positive Rückmeldungen, aber vielleicht ist es auch so, dass es euch abtörnt. Nun erfahrt ihr, dass ich nicht nur die „sexy Frau in Leder“ bin, sondern auch die „politisch Unkorrekte“, die „Taubenmutti“ oder die „Arme“, die aus prekären Verhältnissen stammt. Also postet gern unten eure Gedanken dazu – ich würd mich freuen.

Wie bereits erwähnt, stamme ich aus eher prekären und schwierigen Verhältnissen – alles was ich heute kann, alles was ich gelernt und mir erkämpft habe – habe ich mit Leidenschaft getan. Und eines was mich ausmacht ist „learning by doing“ – ich bin nicht die Person, die ein Buch liest oder Wahrscheinlichkeiten berechnet. Ich möchte Dinge erfahren, berühren, erfühlen, spüren, machen etc…und soo lebe ich ich vermutlich schon immer. Mein Praxisaufbau, die Gestaltung meiner Homepage, meine Umzüge in den Süden – das sind auch Bespiele davon, dass ich experimentiere und Dinge weiter entwickele. Ich habe mit meiner Homepage begonnen, indem ich einen Freund als Webmaster eingestellt habe. Er hat mir gewissen Dinge angelegt, meine Domain gekauft und mir die Grundlagen gezeigt. Alles andere habe ich mir im Laufe der Jahre selber erarbeitet.

Das Schreiben diese Blogs, ist wohl ein Symptom von Corona und aber auch ein Selbstexperiment meiner Fähigkeiten zu schreiben. Seid etwa 10 Jahren hätte ich gern, dass es ein Buch über mich gibt. Ich möchte unglaublich gerne meine Geschichte, und das was ich gelernt habe, erzählen. Es gab einen Journalisten, der über mich schreiben wollte – im Zuge des Prozesses ist er leider Pleite gegangen – ich Glückspilz. Da ich nun Zeit habe, beginne ich damit, mit dem Schreiben zu experimentieren. Ich äußere mich zu verschiedenen Dingen und in verschiedenen Arten, mal ernst und mal lustig und schaue, was für Rückmeldungen kommen und wie es sich für mich anfühlt, mich der Welt mitzuteilen. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob ich fähig dazu bin ein Buch zu schreiben, aber die Idee finde ich überaus spannend. Mit Grammatik bzw. Kommasetzung tue ich mich schwer, (immer schon) das war etwas, was mich nie interessiert hat – ähnlich wie Berechnungen und Statistiken.

Aber weiter im Text: Vorgestern wurde verkündigt, dass wir hier in Baden Württemberg in der kommenden Woche eine Maskenpflicht bekommen. Angekündigt von einem Ministerpräsidenten, der keinen Schimmer hat, wie man eine solche Maske aufsetzt:

…dazu fällt mir tatsächlich nichts mehr ein und ich fühle mich vollkommen verkohlt und für dumm verkauft.

Apropos „für dumm verkauft“ – Unsere Bundeskanzlerin hatte vor Wochen angesagt, dass es bei einer Reproduktionszahl von 1, Lockerungen geben würde. Mittlerweile sind wir bei 0,9 und es gibt eine MundschutzPflicht. Ich merke, dass es mich unglaublich wütend macht, dass erstens die Merkel nicht einhält, was sie sagt und zweitens, ich zu etwas gezwungen werde, dass ich (Sorry!) für absoluten Schwachsinn halte. Ich weiß, dass ich mich bei einigen grade sehr unbeliebt mache aber ich hoffe ihr könnt es mir trotzdem nachsehen. Ich bin ziemlich auf Kravall gebürstet, wenn man mich meiner Freiheit „Luft ungefiltert“ zu atmen, beraubt.

Ich meine, eine nicht professionelle Maske oder ein Tuch, schützen „die anderen“ etwa zwanzig Minuten vor meiner feuchten Aussprache und dann ist das Ding durchgeatmet und alle anderen bekommen meine Luft auch wieder ungefiltert mit. Und wen soll ich denn beim sprechen anspucken, wenn er 1,5 Meter weg ist?

Was mache ich also nun damit? Nicht mehr einkaufen? Oder Bußgeld zahlen? Oder mich merkwürdigen Ansagen unterwerfen. Mh, ja ich kann auch passiv – aber das möchte ich dann bitte selber entscheiden. Ich habe mich schon immer sehr schwer damit getan wenn ich etwas tun sollte, dass sich mir als sinnlos erschlossen hat.

Und dabei sehe ich ganz gut aus mit diesem blöden Ding (…eigentlich total süß, weil selbstgemacht) – um Längen besser als der Herr Ministerpräsident und ich weiß sogar, wie ich sie aufsetzen muss ? Meine Mitbewohnerin hat mich die Maske genäht, aber ich will sie trotzdem nicht tragen „müssen“!

Das ich mich unbeliebt mache, kenne ich übrigens. Früher fand ich ziemlich schlimm, dass ich bei vielen Dingen anders reagiere als andere. Heute weiß ich, dass es so ist und kann ganz gut damit leben – alles andere wäre für mich persönlich ein Desaster. Es ist immerhin so, dass ich in meiner Arbeit insbesondere die individuellen Bedürfnisse und die entsprechende Entwicklung meiner Klienten diesbezüglich unterstützen möchte – also macht es Sinn mir meine eigene Individualität zu zu gestehen.

Jetzt möchte ich aber noch mal das Thema wechseln. Wisst ihr, dass ich Anfang letzter Woche am Morgen nach Ostern „Klopapier“ jagen war? Ich bin morgens um 7 Uhr, vor dem ersten Kaffee, schlaftrunken zum Netto geschlichen, weil ich mir erhofft hatte, dass ich welches bekomme…und…leere Regale vorfand… Danach, nach meinem Kaffee habe ich mich auf den Weg gemacht, alle weiteren Drogerien und Supermärkte aufzusuchen und hoffnungsvoll das ersehnte weiche Zeugs zu erbeuten. Und? Was sahen meine morgendlichen Augen:

nix…

Ich fand also heraus, dass es ein Mythos ist: „Dass es wegen Toilettenpapier und Mehl früh morgens Schlangen in Supermärkten gibt.“ Einerseits beruhigend, dass es sooo schlimm nicht ist, andererseits beunruhigend, da ich Klopapier liebe. Ich mag es flauschig, receyclingsfähig und dick ? und ehrlich gesagt verstehe ich Menschen die diesbezüglich hamstern. Im Laden Nummer 7 hatte ich dann Glück:

4,99€ mit Duft (solchen Quatsch würd ich unter normalen Umständen niemals kaufen)

Wir hatten, wie bereits schon mal geschrieben, natürlich nicht gehamstert und mir ist es nach wie vor vollkommen unverständlich, was die Menschen mit dem Toilettenpapier tun. Es sind ja momentan weder mehr Menschen auf dem Planeten, noch müssen die Leute müssen häufiger auf das WC.

Im Übrigen hat meine Mitbewohnerin hatte am selben Tag tatsächlich auch ein Paket ergattert – nun waren 24 Rollen im Haus – ein Segen…vorerst… Wir wissen ja nicht wie es weiter geht.

Nächste Woche habe ich erneut ein RadioInterview – bei „Das Ding“ in Stuttgart. Dieses Mal nicht life, somit kann ich grad noch nicht sagen, wann es ausgestrahlt wird. Ich bin allerdings sehr gespannt und positiv gestimmt – eine ganz junge Frau, die das Interview mit mir macht – ich hatte ein langes Telefonat mit ihr. Sie steckt noch nicht wirklich in der Thematik und ich hoffe, ich konnte sie neugierig auf das Thema und weitere Nachforschungen „pro“ Sexarbeit machen.

Dank eurer vielen tollen Rückmeldungen nach meinem ersten Radioauftritt, bin ich gerade schon etwas weniger unsicher – ich freue mich darauf. Vor allem, dass sie mich kontaktiert hat und ich die Möglichkeit bekomme mehr zu diesem Thema zu erzählen, bei einem Radiosender der viele junge Hörer hat. Schön, wenn die Welt erfahren kann, dass Sexarbeit weit mehr ist, als Menschenhandel oder Sex unter Zwang.

Was mir zum Schluss noch einfällt: Falls ihr Themen habt und euch interessiert was ich dazu denke – dann her damit. Ich kann zwar nicht versprechen, dass ich alles umsetzen kann aber ich würde es spannend finden die Zeit zum Schreiben zu nutzen und euch mit ein zu binden ? Also bitte auch gern unten in die Kommentare oder per Mail an mich.

Seid herzlich gegrüßt und habt einen tollen Tag.

Daria

Herrin und Sklave – Beziehungsgeschichten

Heute habe ich endlich wieder einmal etwas Zeit meine Gedanken und ein paar Anekdoten aus meinen Leben nieder zu schreiben.

In den vergangenen zwei Wochen habe ich mir immer mal wieder Stichpunkte notiert. Dazu, worüber ich gerne schreiben möchte, und dann doch keine Zeit gehabt. Ein paar Runden in meinem ganz persönlichen Hamsterrad….aber JETZT 😉

Seit über 15 Jahren praktiziere ich BDSM. Über viele Jahre war ich dabei selber fast ausschließlich der passive Part. Seit ungefähr 10 Jahren spiele ich nun überwiegend aktiv und seit etwas mehr als sieben Jahren biete ich sexuelle Dominanz auch professionell im BDSM-Studio an. So hatte ich die Möglichkeit, viele Dom/Sub Beziehungen im privaten und professionellen Bereich zu erleben und für mich heraus zu finden, was ich (auch für mich) als ideal empfinde.

In der vergangenen Woche hatte ich ein langes Telefongespräch mit einem meiner Sklaven. In erster Linie sprachen wir über die Entwicklung unserer gemeinsamen Beziehung, die streckenweise sehr kompliziert und anstrengend war. Dann gab es jedoch eine deutliche Wendung in eine positive Richtung und ich bin heute ganz glücklich darüber.

Während des Gespräches kamen mir dann noch andere „Beziehungen“, sowie kleine „Machtkämpfe“ mit Sklaven oder Zöglingen in den Sinn – auch dazu möchte ich einmal ein paar Gedanken loswerden. 

Wenn ich von „Beziehung“ spreche, geht es mir in diesem Text um einen Bund, z.B. einen Sklavenvertrag, den ein Sklave/eine Sklavin miteinander mit ihrem Herrn oder Herrin eingegangen sind. Oder es geht um eine lang andauernde Verbindung, die durch häufigen gemeinsamen Kontakt entstanden ist.

Natürlich gibt es Unterschiede zwischen solch einer „Beziehung“ und einer Session im Studio, die ich anbiete. Bei einer Session im Studio bin ich in erster Linie  „Dienstleisterin“ – jemand kommt mit seinem Kopf-Kino „im Gepäck“ zu mir und ich bin die Wunsch-Erfüllerin. Und glaubt mir! DAS ist etwas, was ich sehr liebe und ich halte mich für eine leidenschaftliche „Erfüllerin“ der Fantasien meiner Gäste. Ich bin sehr emphatisch und kann sehr sensibel darin sein, zu erfühlen was in diesem Moment gerade wichtig ist. Dennoch bringe ich mich und meine eigenen Vorlieben auch immer mit ein. Aus diesem Grund spiele ich nur sehr ungern nach Drehbuch, denn ein Drehbuch hat meist mit mir persönlich erstmal nichts zu tun. Die Möglichkeit mich, mit meinen Facetten, einzubringen ist mir wichtig –  vermutlich hätte ich sonst irgendwann keinen Spaß mehr an meiner Arbeit.

Aus Begegnungen in Sessions kann sich nun über einen längeren Zeitraum hinweg eine tiefere Bindung entwickeln. Eine besondere Hingabe des Sklaven/der Sklavin oder eine feine Chemie untereinander können den Ausschlag geben. Zum Beispiel für einen Sklavenvertrag, oder einfach nur für eine Art freundschaftlicher, intimer Beziehung. Vielleicht bin ich sehr unkonventionell, aber ich versuche möglichst normal und authentisch zu sein. Klar, im Spiel bekleide ich auch gerne einmal eine Rolle aber ansonsten bin ich einfach Daria – ehrlich, direkt und eben eine ganz normale Frau. Viel Anderes erschloss sich mir, in diesem Beruf, somit nie.

Die Menschen, die zu mir kommen, legen mir ihre intimsten Fantasien und Wünsche dar – oftmals sogar solche über die sie mit niemandem zuvor geredet haben. Dadurch entsteht bei mir Respekt und Demut, dabei ist es mir ein Anliegen auf der anderen Seite der Begegnung antastbar und echt zu sein. Ich verstehe diejenigen Frauen, die ich kennengelernt habe, welche ein Doppelleben führen. Ihre Kinder oder Bekannte sollen davon nichts erfahren. Ich für mich jedoch möchte weder eine „Rolle“ erfüllen noch irgendwelche Macht Spielchen mit Gästen haben oder so tun als wäre ich jemand, der ich nicht bin.

Damit wir uns nicht missverstehen: Natürlich bekleide ich als Domina und Herrin eine Rolle, die Macht ausübt, und ich finde auch an Rollenspielen Gefallen. Aber in meiner Art möchte ich mich nicht verbiegen müssen und Euch als die Daria gegenübertreten, die ich wirklich bin.

Ein solcher Bund, ein Sklavenvertrag ist nichts, was auf Grund eines Kopf-Kinos entstehen kann – Sondern etwas, was sich entwickelt oder eben auch nicht. Für mich ist es etwas Besonderes – fast möchte ich schreiben „etwas Heiliges“ – das klingt dann aber sehr spirituell. In meinen Augen ist eine Herrin-Sklaven-Beziehung, wie jede andere auch, vor allem eine partnerschaftliche Beziehung. Natürlich gibt es hier eine besondere Hierarchie, was so sein darf und soll, denn es ist ja der gemeinsame Wille beider beteiligten Personen. Darüber hinaus kann sich auch nur dann eine „gesunde“ Struktur in dieser Beziehung entwickeln, wenn beide Partner sich bereit erklären dafür Verantwortung zu übernehmen und Energie in diese Beziehung investieren. 

Vielen Menschen scheint das nicht klar zu sein. Einerseits hat sich, in Gesprächen mit devoten Männern/Frauen, häufig herauskristallisiert, dass sie glauben, alles für die Herrin tun zu müssen. Andererseits gibt es dominante Männer und Frauen die ebendies von ihren Zöglingen erwarten. Das halte ich für sehr gefährlich.

Nun gibt es hierzu noch ein drittes Thema: Das Kopfkino. Die unterschwellige Erwartung des Sklaven an seine Herrin seinen „erotischen Film“ dauerhaft zu erfüllen.

Sehr häufig arbeite ich mich an Erwartungen ab, die im Kopf meines Sklaven versteckt sind. Ich übe mich geduldig darin, mein Gegenüber mit seinem Anliegen ernst zu nehmen und zu erforschen, welchen Anteil ich zur Erfüllung solcher möglichen Erwartungen beitragen kann. Für mich ist es letzten Endes ein Abenteuer. Dennoch können indirekte Kommunikation und nicht erfüllte Erwartungen dann tödlich für die Beziehung sein.

Trotzdem achte ich meine Zöglinge sehr. Es ist immer ein riesiges Geschenk für mich, wenn sich jemand in meine Obhut begibt. Hingabe an mich macht mich sehr dankbar. Eine Hingabe, verbunden mit einem speziellen Kopf-Kino, hingegen  – zusammen mit der Erwartung daran, dass ich Selbiges habe und erfüllen soll- machen es sehr kompliziert.

Da komme ich zu einem Punkt, an dem wir alle arbeiten müssen, wenn wir „eine Beziehung“ haben. Sexualität in allen Facetten hat uns niemand wirklich beigebracht;, Das heißt, uns allen fällt es häufig schwer auszudrücken: „Was wir wollen“;  Wie wir etwas wollen“; „Was blöd ist“; „Wie sich etwas anfühlt“, etc… Wenn jemand von mir erwartet, dass ich sein Kopf-Kino kenne, dann liegt er mächtig daneben. Und wenn jemand erwartet, dass ich seinen „Film“  1:1 erfülle ebenso. Je „enger“ und „detaillierter“ das Kopf-Kino, desto größer die Enttäuschung, wenn ich dieses nicht erfülle – DAS kann ich nämlich nicht.

Euch sagt „topping from the bottom“ sicher etwas? Es handelt sich um eine Form der indirekten Kommunikation – eine Forderung des Sklaven/der Sklavin „durch die Blume“ an den Herren/ die Herrin. Ich denke das passiert dann, wenn die Grenzen nicht oder nicht richtig gesteckt sind; Wenn im Vornherein nicht gut über Vorlieben und Tabus geredet wurde oder keine Möglichkeit für eine ehrliche Kommunikation im Raum steht. Das kann ebenfalls tödlich sein, weil es mir als Herrin indirekt meine Autorität entzieht.

Zum Beispiel habe ich vor nicht allzu langer Zeit eine Diskussion mit einem Sklaven geführt, der mir immer wieder signalisiert hat, dass ich mich „so und so“ verhalten soll. Ich habe damit experimentiert und auch sehr damit gehadert, bis mir klar geworden ist, dass ich seine spezielle Erwartung und damit mein Verhalten so handhaben soll, damit er sich als Sklave erniedrigt fühlt. Aber ist das meine Aufgabe? Es fühlt sich wie ein Machtkampf an, mit jemandem der (noch) nicht weiß wo sein Platz ist.

Jedem sollte klar sein, das wir alle unterschiedlich sind und niemand hellsehen kann. Ich kann es nicht und eure Partner können das auch nicht.  Eine gute Kommunikation und ein Bewusstsein darüber, dass zwei erwachsene Menschen unterschiedlich sind, sind das A und O – auch in einer hierarchischen Beziehung. 

In einer Herrin-Sklaven-Beziehung mit mir erwarte ich, dass mein Sklave/Zögling sich gut in seinem eigenen Leben zurechtfindet. Ich erwarte keine Abhängigkeiten sondern ein Miteinander. Beide Seiten müssen investieren und sich dafür einsetzen, dass ihre Fantasien Wirklichkeit werden können. 

Apropos authentische Herrin, es tut mir leid, euch jetzt vielleicht jegliche Illusion zu rauben, aber ich laufe nicht den ganzen Tag in High Heels herum, und ich bin nicht die mega Bondage-Queen, ich mache Fehler und manchmal bin ich sogar etwas chaotisch. Und wenn es nach mir geht, dann weht der Wind auch gerne einmal ganz „un“-klassisch. Wie auch auf meiner Homepage geschrieben steht: „Ich muss nicht laut herum schreien, sondern nehme mir was ich will!“ Und, ich erwarte, dass sich jemand fügt – wenn er/sie mein Sklave/meine Sklavin sein möchte, dann ist es wichtig, dass er/sie weiß wo sein/ ihr Platz ist.

Herzliche Grüße
Eure Daria

Strategien der Prostitutionsgegner*innen

Gerade habe ich einen Artikel aus der Emma gelesen und sehr lange darüber nachgedacht, ob ich bei Twitter darauf antworte. Ich habe angefangen zu schreiben und egal was ich in den Tweet bringen wollte, alles klang nach Rechtfertigung. Wer von euch also mal einen sehr strategischen Artikel von Prostitutionsgegner*innen lesen möchte, hier ist er: Die Chance zum Ausstieg.

Mich nervt diese nicht konstruktive Art sehr und macht mich ohnmächtig und wütend. Somit möchte ich heute ein wenig über die Strategien und Taktiken der Gegnerfront schreiben, damit deutlich wird womit wir es eigentlich zu tun haben. An gewissen Stellen macht es überhaupt keinen Sinn in eine Auseinandersetzung zu gehen, da durch diese Strategien niemals ein offener Diskurs entstehen wird.

Wirklich gut, dass ich grad soviel Zeit habe „dank Corona“ diesen Gedanken zu“Papier“ zu bringen.

Das fällt mir wieder der Tweet der Frau B. ein, den sie am 13. März 2020 bei Twitter veröffentlicht hat, in dem sie unter anderem auf meine Kosten darüber spottet, dass „Man(n) ja schon mal üben könne“. Dieser besagte Spott -Tweet wird ganz unten in dem Artikel der Emma sogar gehypt, was ich persönlich peinlich und erschütternd finde. Solch eine Aussage ist für alle Sexarbeiter*innen, die wegen Corona mit einem Arbeitsverbot belastet sind, einfach nur verachtend. Frau B. freut sich ganz offensichtlich darüber, dass diese Frauen, Männer und Trans-Menschen in kürzester Zeit ihre Mieten nicht mehr zahlen können.

Die Prostitutionsgegner*innen insbesondere hier in Stuttgart, Sisters eV. und Rotlichtaus oder IchBinKeinFreier sind unterschiedliche Vereine und Kampagnen der Gegnerseite, die schon viele Jahre an einem Teppich gegen Sexarbeit knüpfen. Allesamt sind ausschließlich daran interessiert Sexarbeit in jeglicher Form zu beenden. Mir scheint, diese Gegner*innen sind sehr gut darin gecoacht und geübt sind, zu argumentieren, um von sich selber abzulenken und um ein ganz bestimmtes Bild von Sexarbeit in der Welt zu verbreiten, dass gewiss zwar „einer“ Realität entspricht aber niemals die gesamte Bandbreite einbezieht.

Zurück zu den Strategien, eine weit verbreitete Taktik ist es, die Fronten zu spalten. Wie auch in dem oben genannten Artikel, wird stets versucht unter Sexarbeiter*innen und auch in der Gesellschaft in „quasi“ gut und böse zu spalten. Die guten Sexarbeiter*innen die viel Geld verdienen und gute Bedingungen haben, sind die privilegierten und die anderen sind die Opfer, die die man retten muss. Und um zurück zu kommen zu dem Bild was von der Gegnerseite propagiert wird – es handelt sich ausschließlich um DAS Bild des Opfers was verbreitet wird – nur darum drehen sich grundsätzlich alle den Diskussionen. Das beutetet es kann niemals ein offener Diskurs entstehen, weder mit einem zwanghaften Erhalt von dieses Bildes, noch mit einer derartigen Spaltung. Im Bezug auf die Spaltung sollte ich noch erwähnen, dass immer wieder dargelegt es, dass wir „privilegierten“ Sexarbeiter*innen nicht mitreden dürften, weil wir ja „gaaar keinen“ Vergleich geben. Entmachtung ist dann wohl ein weiterer Strategiepunkt.

Für einen offenen Diskurs, wäre es jedoch von grundlegender Wichtigkeit, dass allen KLAR wird, dass rechtlich alle Bereiche der Sexarbeit, im ProstituiertenSchutzGesetz gleichermaßen abgehandelt werden. Tantrastudios, Laufhäuser, BDSM-Studios, Sexarbeit in Wohnmobilen, auf dem Straßenstrich, Personen die in Swingerclubs animieren… Die Liste ist lang und im ProstSchG wird eben nicht in „gut“ und „böse“ getrennt. So lang wie diese Liste ist, wird deutlich, was alles Sexarbeit ist – und glaubt mir – der Anteil an Sexarbeiter*innen, der nicht zu der vermeintlichen Kategorie „Opfer“ gehören ist erstaunlich groß.

Ach und hier sei auch nochmal der Punkt Menschenhandel und ZwangsProstitution erwähnt. Allen sollte ebenfalls KLAR sein, das Menschenhandel gesetzlich geregelt ist und das das Wort ZwangsProstitution eigentlich ein Unwort ist. Sex unter Zwang ist Vergewaltigung und das wiederum ist strafrechtlich auch geregelt. Da sind wir bei der nächsten Strategie angelangt. Dramatisieren mit schlimmen Beispielen und schlimmen Worten. Auf der Gegnerseite ist es sehr weit verbreitet nur mit traurigen, dramatischen und bildhaften Beschreibungen zu argumentieren. Skandalisierte Bilder setzen sich natürlich schnell in den Kopf der Menschen, vor allem denen, denen die breite Vielfalt der Sexarbeit nicht klar ist.

Ein weiterer Punkt, der in dem Artikel auch gut erkennen ist, ist „Angriff ist die beste Verteidigung“. Bei dem Akt, den Berufsverband für erotische und sexuelle Dienstleistung so anzugehen, verschiebt das Thema vollkommen. Im Tweet um den Artikel herum ging es im die Frage, was die ganzen Vereine z.B. Sisters denn aktuell tun, um Sexarbeiter*innen die kein Geld verdienen können, zu unterstützen. Wenn man die Kommunikationen verfolgt, wird schnell deutlich das diese Organisationen wenig bis gar nicht dazu beitragen, die Bedingungen für Sexarbeiter*innen wirklich zu verbessern. Um das zu verschleiern, wird mit Gegenfragen und mit Angriffen agiert. Im Artikel wird der BerufsVerband angegriffen, Argumentiert wird mit Dingen die bisher noch nicht getan wurden. Vorhin habe ich wirklich lange darüber gegrübelt, was ich bei Twitter dazu schreiben kann – aber mir fiel nicht ein, was nicht nach Rechtfertigung klingt. Und ich bin Mitglied im BesD, ich könnte also eine Menge erzählen, von dem was alles wirklich passiert um die Bedingungen für Sexarbeiter*innen, insbesondere im Bereich der prekären Sexarbeit, zu verbessern. Solch ein Handeln weist die GegnerSeite eben nicht auf – deswegen feinden sie den BesD an. Ach und der BesD wird in dem Artikel „LobbyVerband“ genannt – eine weitere Taktik um quasi Fakten zu verwaschen, denn dr Berufsverband ist ein Verband aus aktiv arbeitenden Sexarbeiter*innen. Das Wort LobbyVerband in dem Artikel hinlässt einen schrägen Beigeschmack und zielt (in meinen Augen) scheinbar darauf ein Bild zu hinterlassen, das etwas mit Zuhälterei zu tun hat. (Aber vielleicht bin ich da auch gerade sehr empfindlich)

Ach, Spott ist auch eine gängige Taktik. Hier ein Zitat aus den Emma. „Apropos geiler Job“ Wir erinnern uns an Vertreter*innen der ProProstitutionsLobby, die in Talkshows Mantren der glücklichen Prostituierten herunterbeten….. Ja, da werden auf spöttische Weise, die öffentlichen Auftritten der wenigen Sexarbeiter*innen, die für Anerkennung, gute Bedingungen und Differenzierung der Sexarbeit auftreten, verzerrt und nicht erstgenommen. Apropos „Ernstnehmen“ – ernst genommen wird von der Gegnerseite selten jemand, der in der öffentlichen Diskussion, versucht pro Sexarbeit zu argumentieren.

Und, es wird in der Gegnerfront sehr häufig mit Zahlen jongliert, also mit vermeintlichen Fakten, die jedoch keine sind. Nirgendwo gibt es auch nur einen Ansatz, eine Studio oder Statistik etc. die die Zahlen die z.B. im Text genannt werden, unterstützen. Die 90 Prozent sind schlicht und ergreifend gelogen. Naja, sie wären vielleicht nicht, wenn man ausschließlich von dem Standpunkt Menschenhandel und Armutsprostitution ausginge. ? Tut man ja aber nicht, denn wie WIR wissen ist Sexarbeit weitaus mehr.

Ach, ich könnte den Artikel noch weiter auseinander pflücken, könnte mich richtig in Fahrt bringen, aber dann weiche ich zu sehr von den Strategien ab, die ich deutlich machen wollte.

Aber ich fasse die Strategien und Taktiken nochmal zusammen:

  • Spaltung unter Sexarbeiter*innen
  • Angriff ist die beste Verteidigung, Fragen werden mit Gegenfragen oder Angriffen abgewehrt
  • Entmachtung der Sexarbeiter*innen
  • Verbreiten von Unwahrheiten = Lügen
  • Dramatisieren und skandalisieren von einseitigen Bildern und Sprache
  • Nur ein Bild von Sexarbeit gelten zu lassen
  • Spott

Weitere Gedanken in Zeiten des Corona

Heute früh war ich bei einem Freund zum frühstücken, ihr wisst ja, die eine Handvoll Leute zu denen ich Kontakt halte – ich nenne sie „meine Wahlfamilie“. Es ist sehr fein, gewisse alltägliche Dinge weiter zu führen, die dann eben doch ganz anders sind.

Wir waren zu dritt und alle drei sehr glücklich über diese Zusammenkunft. Auch wenn wir uns die letzten Jahre sehr nah waren, in dieser Konstellation haben wir noch nie miteinander gefrühstückt.

Also eben doch nicht alltäglich, und auch die Gespräche waren nicht alltäglich. Zu meiner Wahlfamilie gehören mindestens 6 aber eigentlich sogar 8 Menschen. Es gibt aber gerade drei unter uns, die sich im Grunde genommen komplett isolieren. Ja, wie gerade so viele in unserer Gesellschaft.

Momentan habe ich mehr oder weniger einen Konflikt mit zweien, ganz lieben Freunden*innen aus diesem Kreis. Beide haben eine ganz andere Haltung zu der Corona-Thematik als ich. Ehrlich gesagt haben wohl sehr viele eine gänzlich andere Haltung dazu. Letzten Endes darf das natürlich jede*r, wir sind eben alle unterschiedlich.

Aber ich merke, dass ich größte Widerstände bekomme, wenn Massen sich über andere stellen und wenn Intuition und eigenes Wohlbefinden nicht mehr zählen. Meine Freundin Ella (Name fiktiv) erzählte heute früh, dass ein Bekannter von ihr Polizist ist und ihr gestern in einem Telefonat erzählt hat, dass die hauptsächlichen Anrufer*innen in der Wache gerade Menschen sind, die ihre Nachbarn verpfeiffen – weil diese Besucher haben. Ich grusele mich sehr davor, dass so etwas gerade geschieht. Sascha Lobo beschreibt es, in seinem Artikel im Spiegel (Wider die Vernunftspanik) sehr gut.

Meine Mitbewohnerin und liebste Freundin Sandra (Name ebenfalls fiktiv) ist, wenn ich es im wortlaut von Sascha Lobo nenne, eher „vernunftspanisch“ und ich bin bin das Gegenteil davon und zwar „reaktiv“. Das führte hier in den ersten Tagen natürlich zu vielen Gesprächen und zweimal sind wir beide um Haaresbreite an einem fetten Krach vorbei geschliddert. Also ist die CoronaZeit auch eine Zeit in der wir sehr genau austarieren müssen, wie wir die/den anderen so lassen können wie sie/er ist.

Mit meinem anderen lieben Freund gibt es den Konflikt, dass er mich gerne sehen würde, aber nur indem er darauf besteht, dass wir 1,5 Meter Abstand zueinander haben. Und das obwohl er und ich weder Kontakt zu einer RisikoGruppe haben, noch wirklich gefährdet sind. Nun gut, er darf das natürlich selber entscheiden – aber ich merke, dass ich in dieser Zeit – in der nichts mehr normal scheint – ein sehr großes Bedürfnis nach (wenigstens) etwas Normalität habe. Also erscheint es mir schräg, von jemandem dem ich sonst körperlich sehr nah bin, so weit entfernt zu sein und ich mag mich da nicht verstellen müssen. Wir haben mehrfach drüber gesprochen aber finden momentan auch keinen Konsens – also telefonieren wir regelmäßig uns treffen uns nicht.

Spannend wie sich alle Gespräche permanent um Corona drehen, das darf man, das ist verboten, nein das geht nicht, oh Gott wie schlimm. Was ich daran sehr kompliziert finde ist, dass es in dieser Massenhysterie keinen offenen Diskurs mehr gibt. Entweder man hält sich an genau das, was unser Staat vorgibt oder man wird verpfiffen und/oder öffentlich gesteinigt. Ich habe bei Twitter sogar Tweets gelesen wo Menschen quasi als „Mörder“ bezeichnet wurden, weil sie sich nicht andre Regeln halten. Ich habe Bilder gesehen wo sich, in Stuttgart, Polizisten gewaltsam über Obdachlose hergefallen sind, weil sie mit mehr als zwei Menschen zusammen standen.

Kaum jemand hinterfragt, ob es rechtens ist, solche Ausgangssperren zu verhängen. Eine ganze Nation spurt ohne zu widersprechen. Damit möchte ich jetzt nicht sagen, dass ihr alle rebellieren sollt oder das ich es für Schwachsinn halte, den Virus so zu einzudämmen. Ich möchte nur verdeutlichen, dass ich das was gerade passiert weder von der einen, noch von der anderen Seite für gut heisse.

Als Therapeutin bin ich hauptsächlich damit beschäftigt, dass ich Menschen darin unterstütze, erneut zu lernen wie man fühlt, sich selber zu entfalten und heraus zu finden, was gut und was schlecht für sie ganz persönlich ist. Glaubt mir, unglaublich viele Menschen haben nicht den blassesten Schimmer von ihren eigenen Gefühlen – sie funktionieren in einer Welt in der man genau das tun muss – funktionieren. Schwächen sind im Alltag immer noch ein sehr Lästiges.

Aber, was genau fühlt ihr denn? Angst, Angst vor dem Tod? Oder Wut, weil ihr euch eingesperrt fühlen? Was ist denn jetzt eigentlich wirklich wichtig für euch um gesund zu bleiben? Angst löst im übrigen Stress aus, was wiederum alles andere als gut fürs Immunsystem ist.

Ich persönlich brauche ein wenig Normalität und Körperkontakt – Kontakt zu meinen Liebsten. (Wenn ich schon nicht arbeiten kann) Das werde ich mir nicht nehmen lassen, vor allem wenn ich gesund bleiben möchte. Und nochmal, ich bewege mich dabei safe durch die Welt, wasche meine Hände, falle keinem wildfremden um den Hals, knutsche nicht mit der Kassiererin um die Ecke.

Heute früh haben wir darüber geredet, dass dies vielleicht eine Chance sein kann, Dinge zu verändern, anders aufeinander zu zu gehen und vor allem genau zu schauen, was wirklich zählt. Plötzlich können alle Homeoffice machen, keiner fliegt mehr durch die Gegend, wir müssen nicht shoppen und Geld ausgeben, wir besinnen uns auch darauf anderen Menschen zu helfen, viel weniger Autos auf den Straßen. Das Geld ist plötzlich an vielen Ecken nicht mehr so wichtig wie es sonst war.

Aber wer fragt denn eigentlich die älteren Menschen im Pflegeheim, ob sie lieber soziale Kontakte haben würden, anstatt isoliert zu werden um ein längeres Leben leben zu haben? Oder die Patienten im Krankenhaus, die alleine sterben müssen, weil ihre Angehörigen nicht mehr rein dürfen?

Noch was, im Jahr sterben 3,1 Millionen Kinder unter fünf Jahren weil sie verhungern. Das scheint niemanden zu interessieren. Vermutlich werde ich gleich auf meiner eignen Homepage gesteinigt, wenn ich jetzt noch schreibe, dass wir viel zu viele Menschen auf einem Planten sind, der langsam vor die Hunde geht. Und das Leben von Menschen im falschen Land unter den falschen Umständen leben zählt gar nichts, dort wo das Leben von den Menschen auf der anderen Seite der Welthalbkugel alles zählt. Ich halte das alles für ziemlich verzerrt. Wie steht es um die Relationen – ich möchte natürlich auch nicht, dass meine Liebsten sterben aber Sterben gehört zum Leben dazu.

Schon ein sehr komischer Ort dieses Erde und dieses Leben. Mhh, nun war dieses Thema viel ernster als gestern. Dennoch ist es das was mich bewegt, es ist auch das was mir Angst macht.

Und ich nehme es als Chance – eine Chance genau zu schauen ob und wie wir weiter machen können und sollten.

Was meint ihr?

Update vom 24. März 2020

Nachdem ich jetzt gerade mit einer Freundin telefoniert habe und sie sich über die Beschreibung meines FingernagelFouls halb tot gelacht hat, dachte ich, ich ergänze den gestern geschriebenen Beitrag noch schnell mit einer lustigen Anekdote.

Probleme, die das Leben schrieb ?

Ich habe seid einigen Wochen künstliches UV-Gel auf meinen Fingernägeln. Ich mag künstliche Nägel nicht sonderlich, da meine eigenen aber immer so dünn und splittrig sind, habe ich sie verstärken lassen.

In Zeiten des Corona haben aber „natürlich“ sämtliche Nagelstudios geschlossen. Und meine Nägel sahen nun zunehmend schrottiger aus. Also habe ich vor einigen Tagen begonnen sie langsam ab zu pfeilen. Drei Tage hat das unterfangen gedauert – eine Nagelpfeile habe ich dabei zu Grunde gerichtet und seit heut früh nun auch meine eigenen Fingernägel ?

Das Gel ist sehr hartnäckiges Zeug und man braucht Geduld und scheinbar auch ein besonderes Feingefühl – dass ich wohl nicht besitze, denn meine Nägel sind nun so dünn, dass es weh tut wenn ich irgendwo gegen komme.

Wunderbar – dann habe ich also, nach der Hausarbeit und nachdem was Frau eben so tut, stundenlang in der Küche gesessen und drei Schichten Nagellack aufgetragen und trocknen lassen. Ach wusstet ihr, dass man mit künstlichen, sowie mit „fast gar keinen“ Fingernägeln Dinge von Boden so ziemlich gar nicht aufheben kann? Eben ist mit beim Kochen ein Stück Zwiebel runter gefallen – ich brauchte fünf Anläufe um es wieder aufzuheben ?

Da ist die Frage „ob ich verrückt werde“ doch irgendwie naheliegend. Ich habe einfach viel zu viel Zeit. In normalen „nichtCoronaAlltag“ passiert mich so ein Schnickschnack nämlich nicht.

(…In Gedanken lache ich selber nochmal laut über meine Freundin, die am Telefon nicht aufhören konnte zu lachen….und natürlich lache ich über mich selbst…)

Einen heiteren Abend wünsche ich euch.

Ein normales langweiliges Leben? Lustige Gedanke einer ganz normalen Frau ?

Sexarbeiter*innen sind übrigens ganz normale Menschen! Wie normal, werdet ihr jetzt lesen – also lasst euch von niemanden einreden, dass Sexarbeiter*innen nicht normal sind. Wobei ich scherzeshalber des Öfteren denke, dass ich definitiv nicht normal bin.

Aber – was ist schon normal?

Gestern ist mir aufgefallen, dass mir mittlerweile immer mal wieder langweilig ist. In einem Zustand mit zwei Jobs, Hobbys, Freunden, zwei Ausbildungen und dem vielen Reisen durch Deutschland ist mir Langeweile relativ unbekannt.

Die Tage im Rückzug ziehen so dahin und ich bemerke von Tag zu Tag, dass ich mehr und mehr entspanne und ruhiger werde. Einfach mal in der Sonne sitzen und einen Kaffee trinken, ohne Handy, ohne Buch, ohne etwas anderes. „Herrlich!“ Für mich ist diese Zwangspause wirklich gut – ich hatte lange keinen richtigen Urlaub und auf Grund meiner Art zu leben, wirklich wenig Ruhe – jetzt ist sie da, die lang ersehnte „Zeit!“

Noch bin ich nicht in der vollkommenen Entspannung angelangt. Es gibt einen Zustand der besonderen Entspannung, in dem ich gerne Bücher lese, stundenlang. Häufig „muss“ ich Dinge lesen – was dazu führt, dass ich schon mal gar keine Lust mehr habe. Dann kämpfe ich mich durch einen Text. Um aber in einen „LeseEntspannungsZustand“ zu kommen, muss erstmal mein ganzes System einmal runter fahren und dann ist’s soweit und ich sitze stundenlang über einem Buch und geniesse es.

Da bin ich gerade noch nicht angekommen, ich habe hier und da natürlich noch Aufgaben, Rechnungen, Bankgeschäfte, OnlineSkypeTermine, Prozesse zur Entwicklung von GeldeinnahmeQuellen. Durch das existenzielle Thema, das nebenher intensiv arbeitet, scheint es länger zu dauern bis ich im „LeseEntspannungsZustand“ landen kann. Daneben ist es allerdings wunderbar zu spüren wie Langeweile sich trotzdem, in mein Leben, einschleicht.

So zum Bespiel: Normalweise bin ich ein sehr ordentlicher Mensch. Beim Kochen ist es beispielsweise so, dass irgendwann das Essen auf dem Tisch steht und die Küche wieder blitzblank ist. Während ich in meinem wunderbar trubeligen Leben, alles ganz schnell nebenbei mache, läuft es während Zeiten des Corona vollkommen anders. Mit dem Hintertürchen, dass ich ja sooo viel Zeit habe, bleiben plötzlich überall meine Sachen liegen, weil ich sie nicht, wie gewohnt sofort weg räume. Dann komme ich plötzlich fast überrascht in die Küche, sehe das Chaos und wundere mich darüber…darüber dass ich nun dass fünfte Mal Sachen habe liegen lassen, da ich ja soooo viel Zeit habe. Gestern Abend habe ich mich dann mal selber dazu aufgefordert meine Häufchen überall weg zu räumen und jetzt gerade sieht es hier wieder so ordentlich aus wie sonst. Innen wie außen, eine Floskel aus dem Therapeutischen, kommt mir da in den Sinn ? Dort wo ich sonst innen und außen eher geordnet bin, kommt Leben mit ins Spiel. Spannend, dass so beobachten zu dürfen.

Ich schrieb ja bereits, das Menschen in meinem Berufsstand ganz normale Wesen, mit vermutlich ganz normalen Themen sind. Und für die unter euch, die es interessiert schreibe ich (in einem Anflug langer Weile) noch ein paar Dinge aus meinem jetzigen Alltag. Gestern habe ich z.B. das Vogelhäuschen repariert und vorgestern auf dem Hausdach, in der Sonne, Yoga gemacht.

Gewisse Aufgaben bleiben im Alltag ja gerne mal liegen, weil die dazugehörigen Arbeitsschritte aufwendig oder vielschrittig sind.

(….Wortschöpfung aus Langeweile? Oder gibt es dieses Wort wirklich, fragt mich mein Kopf – und da ich keine Lust zum googlen habe, schreibe ich einfach diesen Text in die Klammern – oh mein Gott „bin ich eigentlich verrückt geworden?“ fragt mich die Stimme wieder ?).

Also vielschrittig war auch der Vogelhausprozess (noch eine wortschöpfung) Das Häuschen war mehrfach umgefallen und ich hatte es jedes Mal, mit vielen Nägeln, wieder zusammen gezimmert. Beim letzten „Umfall“ wurde deutlich, dass es so nicht noch einmal funktionieren wird. Bei einer erneuten Reparatur würde ich zu besseren Maßnahmen greifen müssen. Akkuschrauber (meiner hatte das ewige gesegnet) Schrauben, Holzleisten waren von Nöten. Es war also klar, dass ich vorher in den Baumarkt muss, also lag das Häuschen schon etwas länger herum, natürlich weil ich so wenig Zeit hatte.

Ein Leben in Zeiten des Corona, bringt auch Zeit für den Baumarkt mit. Freitag war ich also endlich mit einer Freundin im Baumarkt…

(…darüber könnte ich auch lustige Geschichten, mit dem Titel „Baumarkt in Zeiten des Corona“, schreiben. Es war wirklich der schrägste BaumarktBesuch meines Lebens. Aber, das lasse ich aber jetzt besser – mein Gehirn scheint gerade alles was ich denke umgehend verschriftlichen zu wollen – auch ein ganz neuer Zustand)

Der Akkuschrauber hat mir gestern dann den Tag gerettet. Hätte ich versucht, mich dem Häuschen ohne ihn auch nur zu nähern wäre es sehr, sehr, sehr, sehr schwierig geworden und vermutlich hätte ich am Ende das Vogelhaus vom Vordach geworfen.

Ich habe alles auseinander gebaut und doppelt und dreifach stabil wieder zusammengebaut – was nicht so einfach war – denn das Haus war von der Produktion her schon ziemlich labbrig hergestellt. Ein paar Stunden später habe ich es dann in die Blumenkästen eingebuddelt und es beobachtet – Frau hat ja viel Zeit ?

So saß ich dort mit meinem Kaffee und meiner Mitbewohnerin auf dem Dach und während sie mir lustige Geschichten von schrägen Prinzessinnen (von Walter Moers) vorlas, fiel mir dann plötzlich ein (kreative Ideen entstehen immer in Zeiten der Ruhe und niemals im Stress) wie ich das Vogelhäuschen so stabilisieren kann, dass es nicht im nächsten Sturm erneut die Biege macht. Und nun, am nächsten Tag, hängt an vier Punkten des Häuschens, an einem Punkt zusammenlaufend ein Sandsack darunter und das Vogelhäuschen wackelt überhaupt nicht mehr! Es sieht absolut bescheuert aus aber ich gehe einfach von dem Gedanken aus, das die Vögel trotzdem glücklich und statt werden.

Mhhh, ich sitze hier und schmunzele über mich…

(…während mein Hirn mir versucht mir lustige, böse und verrückte Dinge über mich einzutrichtern, darüber warum ich diesen Text besser löschen als veröffentlichen soll. Ich kann es doch nicht wagen, EUCH allenernstes einen riesigen Absatz über meine VogelhausReparatur zu schreiben)

…und über den Text schmunzele ich auch. Und ich veröffentliche ihn trotzdem, damit ihr wisst, was ich so treibe.

Corona bzw. Langeweile und bringt erstaunliche Dinge in mir hervor – bei euch auch? Denn, ich schreibe hin und wieder schon gerne Texte, aber das ich nicht aufhören kann und will, ist NEU. Also falls ihr bis hierher gekommen seid, „Hut ab“ schlimmer wird es nicht.

Was ich aber auch noch schreiben wollte ist es, dass ich meine Arbeit sehr vermisse. Gestern habe ich bei Twitter einen wunderbaren Artikel einer tollen Kollegin aus Berlin gelesen. Kristina Marlen hat darüber geschrieben warum sie ihre Arbeit so sehr vermisst. Beim Lesen ihres Textes habe ich Sehnsucht und Angst bekommen. Ich habe Angst davor bekommen, dass ich wirklich bis zum 15.6. (Eine Ansage explizit von der Stadt Stuttgart) meine Arbeit nicht ausüben darf. Ich liebe meine Arbeit und brauche sie im Grunde genommen auch, bei weitem nicht nur zum Geld verdienen. Die Intimität, die Nähe, der Kontakt, die Erregung…. Einfach fantastisch!

Wusstet ihr, dass der Körper Stresshormone ausschüttet, wenn er alleine ist? Der Mensch ist von Natur aus kein Einzelgänger. Und wusstet ihr, dass Umarmungen, die mindestens 20 Sekunden lang andauern, antidepressiv wirken?

Und ich brauche und liebe körperliche Nähe, ich liebe es wenn meine Hände, meine Haut, mein Körper sich an anderen Körper schmiegen kann. Bis Juni kann ich deswegen ganz sicher nicht ohne meine Arbeit sein, dann werde ich ggf. vorübergehend in Hamburg oder in Berlin gastieren, um mich weiterhin in meiner Arbeit zu verwirklichen zu dürfen.

In jedem Falle bin ich ganz glücklich darüber, dass ich nicht alleine lebe. Und ich bin froh darüber, dass ich eine Hand voll Kontakte pflege kann. Ich verhalte mich brav und safe, ohne Kontakt zu Menschen aus der Risikogruppe. Die Kontakte jedoch, die ich habe finden auch mit Umarmungen und ganz alltäglicher Nähe statt. Es ist wirklich wichtig für das Immunsystem, dass Angst nicht das Geschehen regiert. Das war dann wohl die Therapeutin in mir – aber das musste gesagt werden.

Also, soviel erstmal ? sollte ich noch mehr Langeweile haben, melde ich mich wieder… Ist immerhin mein Blog!

Passt bitte auf euch auf und lasst es euch gut gehen.

Herzlichst Daria

P.S.

Noch etwas in eigenem Interesse für alle die mich/bzw. meine Freundinnen und mich unterstützen möchten.
Ich wurde mittlerweile mehrfach gefragt, wie man uns unterstützen kann? Amazongutscheine machen keinen Sinn – PayPal, LebensmittelGutscheine für Rewe, Alnatura oder DM sind einfach besser – denn mit Amazon gehen die überlebenswichtigen Dinge leider nicht. Und bei uns geht es nun mal um existenzielle Dinge, Essen und Trinken, Mieten, Versicherungen etc.

Die erste Online-Session

Durch die Corona-Pandemie haben wir Zustände, die sich bis vor wenigen Wochen niemand vorzustellen wagte. Das kulturelle Leben steht still, viele Geschäfte sind geschlossen, Sexarbeit ist verboten. Daria und ihre Kolleginnen dürfen in ihren Studios keine Gäste mehr empfangen.

Sehr gerne wäre ich diese Woche zu Daria nach Berlin gefahren, doch auch das Studio Lux ist längst zu. Aus der Not heraus haben Daria und ich eine Online-Session über WhatsApp vereinbart, damit wir nicht ganz aufeinander verzichten müssen. Ich Rückblick kann ich sagen: Die Idee, sich mit Daria per Videoanruf zu verabreden, war großartig! 

Es war für uns beide eine neue Erfahrung und unter den gegebenen Umständen ein toller Kompromiss. Auch per Videoanruf kann man sich innerlich nahe sein, wenn der körperliche Kontakt fehlt. Über unsere Displays hatten wir uns gegenseitig im Blick ‒ fast so, als würden wir uns persönlich gegenübersitzen. Teilweise fühlte es sich an, als wäre Daria ganz real bei mir im Wohnzimmer zu Gast. Über die Handykamera habe ihr sogar meine Wohnung gezeigt, eine irre Erfahrung! 

Wie eine Studio-Session bestand auch die Online-Session aus drei Teilen. Zunächst rief ich Daria zum Vorgespräch an und wir besprachen das Szenario. Danach legten wir auf (im Studio wäre Daria kurz vor die Tür gegangen) und mit einem erneuten Anruf begann die eigentliche Session. Es handelte sich um Rollenspiel aus dem Ageplay-Bereich, an der Grenze zwischen BDSM und therapeutischen Setting, wie das bei mir oft der Fall ist. 

Nach Abschluss unseres kleinen Rollenspiels legte ich nochmals auf (Daria wäre jetzt wieder aus dem Raum gegangen), um sie nach erneuter Pause zur Nachbesprechung anzurufen. Eigentlich der gleiche Ablauf wie immer ‒ nur virtuell statt physisch im Studio!

Ohne die Corona-Verordnungen (so ernst der Hintergrund auch ist) wäre ich vielleicht nie darauf gekommen, wie erfüllend auch eine Online-Session mit Daria sein kann. In diesen schweren Zeiten (mit ihren vielen Verboten und Einschränkungen) muss man kreativ sein und nach neuen Wegen suchen, um sich die kleinen Oasen der Lebensfreude zu bewahren.

Liebe Daria, ich wünsche mir, dass du jetzt ganz viel Solidarität von uns allen bekommst. Für die Wirtschaft werden Milliardenhilfen bereitgestellt, doch ihr als freiberufliche Sexarbeiterinnen werdet ‒ wenn überhaupt ‒ wahrscheinlich die Letzten sein, die ihren Teil davon abbekommen.

Umso mehr sind wir als deine Gäste, Kunden und Sklaven gefragt, uns mit dir und deinen Kolleginnen solidarisch zu zeigen. Eine Online-Session ersetzt nicht den persönlichen Kontakt im Studio, doch auch ein Videokontakt kann ein tolles Erlebnis sein und hilft euch als Sexarbeiterinnen, die finanziellen Einbußen der nächsten Zeit ein wenig abzumildern. Wir als deine Gäste sollten jetzt kompromissbereit sein und euch so gut es geht unterstützen. Dazu möchte ich ausdrücklich ermutigen!

Dein

Adrian

Corona und seine Folgen

Vor genau drei Wochen haben wir in der Teambesprechung darüber gesprochen wie wir mit Corvid-19 umgehen wollen. Meine Kolleginnen war sehr viel gewissenhafter und ernsthafter mit der Thematik als ich. Ich wollte weder in die Massenhysterie einfallen, noch wollte ich mit Angst oder Panik reagieren. Angst und Panik schwächen übrigens nachweißlich das Immunsystem. Meine Kolleginnen habe dennoch dafür plädiert die Gäste erstmal, zum Hände waschen, auf die Toilette zu schicken und noch mehr als vorher zu desinfizieren. Damit habe wir begonnen und habe bisher gute Erfahrungen damit gemacht.

Trotzdem gibt es jetzt bereits deutliche Einbrüche. Und nachdem Stuttgart beginnt alle Veranstaltungen abzusagen, Clubs und Bars schließt wird es vermutlich auch nicht besser. Für mich, als „Ein-Frau-Freiberuflerin“, alle Sexarbeiter*innen und alle anderen kleinen Betriebe natürlich eine absolute Katastrophe.

Update, Samstag 14. März 2020

Mittlerweile ist Sexarbeit in Stuttgart Bundesweit untersagt. Das heisst momentan darf ich keine Massagen und BDSM-Sessions im Salon Excentric anbieten. Beratungen und Therapiesitzungen sind weiterhin erlaubt.

Und „für alle die trotzdem BDSM erleben möchten“ sich jedoch um ihre Gesundheit sorgen, gibt es ab jetzt die Möglichkeit eine Online VideoSession oder eine TelefonSession zu buchen.

Und ich freue mich natürlich über alle bekannten Kontakte, die mich in dieser besonderen Zeit begleiten und sich hin und wieder melden.

Bitte fragen Sie nach 🙂

Dies erfolgen entweder über WhatsApp oder über Skype -> Daria Stuttgart 0179-3848854

Bitte kontaktieren Sie mich per Mail. E-Mail

Herzlichen Dank

Daria

Mein erstes Radiointerview vom 3. März 2020

Ja, ich war im Radio ? ein Interview mit mir, das war nicht so einfach.

Und ich hatte unglaublich viele Informationen in Gepäck, die ich gerne in der Sendung unterbringen wollte.

Hier nächtliche Thread den ich bei Twitter geschrieben habe, als ich zurück war. Also in diesem Falle, ein kleiner Mitschnitt einer aufgeregten Daria die erzählt was sie grad so bewegt hat, insbesondere an dem 3. März 2020 vor und nach dem Interview.

Ein Thread: 

1/ Heute Abend von 22- 23 Uhr hatte ich die allererste Radiosendung in meinem Leben. Ehrlich gesagt auch meine erste öffentliche Aktion für #Sexarbeit #FightStigma Hier das Interview in der Big Fat Meal Session (mittlerweile ohne die Musik, wegen der GemaGebühren)

2/ Nachdem ich eine Stunde heim fahren musste, sitze ich nun zu Hause in meiner Küche und bin immer noch ganz schön aufgedreht ? Fürs #ErsteMal war es okay – ausbaufähig ?

3/ Als wir @Lady_Leona @LadyAlraune und ich letzte Woche die Anfrage bekamen, wurde schnell deutlich, dass ich die einzige bin die Zeit hätte. Also habe ich mal schnell „Ja“ gesagt ohne wirklich zu wissen, was das bedeutet.

4/ Letzten Endes kann man eine so tolle Chance nicht verstreichen lassen. Aaaaber, ich habe manchmal mit Prüfungsangst zu tun. Und so fühlte sich das heute ab und zu an. Ein Grund, warum ich fast niemandem vorher gesagt habe, wann und wo die Sendung läuft.  

5/ Nun ist vorbei und ich höre die Sendung grad noch einmal. Die Musik stammt übrigens unter anderem aus den Ideen des Thread’s von @DichJasmin – Musik die mit #Sex oder #BDSM oder #Sexarbeit zu tun hat.

6/ Ich befinde mich momentan irgendwo zwischen Selbstkritik und Begeisterung für meinen Mut ? Letzteres überwiegt. Es ist echt etwas anderes schriftliche politische Aussagen zu verfassen als sich in einem Interview auszudrücken.

7/ Ich hab die letzten Tage also wirklich viel „geübt“ damit ich rhetorisch einigermaßen sicher bin. Dennoch war ich ganz schön aufgeregt und das merkt man an einigen Stellen – vorher hatte ich beim üben immer mal wieder Wortfindunsstörungen ?

8/ Manchmal verhaspele ich mich und es gibt einmal eine Situation wo erst ich und dann die Moderatorin den Faden verloren hat ? An der Stelle war ich eben nochmal, nebenbei läuft die Sendung noch immer. Darüber lache ich jetzt – es hat wirklich viel Spaß gemacht und ich würde wieder tun ?

9/ Nun bin ich entspannter ? Die Sendung ist noch bis nächsten Dienstag zum Hören im Archiv der @wuestewelle Und wird dann nochmal wiederholt am 15.3. morgens um 8 Uhr #SexarbeitIstArbeit #FightStigma #sexworkiswork #IchLiebeWasIchTue

Eine wunderbare Nacht wünsche ich euch ?

Zum Artikel „Freier oder unfreier“ aus der „Zeit“

Vor einigen Wochen gab es, zwischen Kristina Marlen und Leni Breymeier, ein sehr spannendes Streitgespräch in der Zeit (siehe Foto). Leider kann man es online ohne Abo nicht mehr einsehen, vielleicht ersetzt es das Foto ein wenig. Hier der Link, falls ihr/sie ein Abonnement habt: Freier oder unfreier

Ein lieber Freund und Unterstützer von uns, hat anschließend einen sehr ermutigenden und klar positionierten Leserbrief zu diesem Artikel verfasst.

Die Antwort darauf fand ich persönlich sehr dünne und habe den Eindruck, dass Frau Parnack in gewisser Weise doch nicht ganz ‚unparteiisch‘ ist.

Beides wollte ich gerne mit euch teilen, in der momentanen politischen Lage für Sexarbeiter*innen ist es einfach so wichtig, dass möglichst viele Informationen in die Welt kommen, die deutlich machen womit wir in der Sexarbeit konfrontiert sind.

Danke Dir sehr A. für Dein Engagement und Deine wunderbare Unterstützung ?

Leserbrief zu „Freier oder unfreier?“ vom 30. Januar 2020 (6/2020) 

Sehr geehrte Damen und Herren, 

in dem Interview berichtet Frau Breymaier, ein Sozialarbeiter habe ihr erzählt, in seinem Umfeld würden mindestens 95 Prozent der Frauen zur Prostitution gezwungen. 

Das ist mal wieder eine dieser Hochrechnungen auf Grund von Schätzungen, die auf Vermutungen beruhen, wie so häufig bei diesem Thema. 

Der Schluss des Sozialarbeiters aus seinem Umfeld auf die Gesamtzahl der unfreiwilligen Prostituierten kommt mir vor, wie wenn ein Monteur in einer Autowerkstatt aus seiner Erfahrung schließt 95 % aller Autos seien defekt. 

Wenn Frau Breymeier das Wort Sexarbeiter nicht benutzt, ist das ihr Problem, aber einfach zu definieren Prostitution habe mit Sex nichts zu tun, steht ihr weiß Gott nicht zu! Und wenn sie gegen Menschenrechtsverletzungen ist, muss sie ehrlicherweise auch gegen ein faktisches Prostitutionsverbot wie das sog. Nordische Modell sein. Außerdem, wieso fordert sie ein „Sexkaufverbot“, wo doch Prostitution – nach Breymaiers Meinung – gar nichts mit Sex zu tun hat?Ihre Behauptung, sie schütze Frauen in der Prostitution, ist so absurd wie nur irgend etwas. Jemand schützen zu wollen, indem man ihm/ihr die Ausübung des Jobs verunmöglicht ist doch schizophren! 

Weiter behauptet sie:„Dieses schwerkriminelle Milieu ist nach der Einführung des Sexkaufverbots abgezogen. Nach Deutschland.“ 

Dazu eine Pressemitteilung der schwedischen Polizei von 2010:„Die schwere organisierte Kriminalität, darunter Prostitution und Menschenhandel, hat im letzten Jahrzehnt an Stärke und Komplexität zugenommen. In Schweden stellt sie ein ernstes soziales Problem dar und die organisierte Kriminalität erwirtschaftet durch die Ausbeutung und den Handel mit Menschen unter sklavenartigen Bedingungen große Geldsummen.“Wo also ist sie, die segensreiche Wirkung des Nordischen Modells? 

Ich bin auf Frau Breymaiers Seite, wenn sie Tagesmietpreise von 120 bis 160 € für ein Zimmer beanstandet. Aber warum bemüht sie sich nicht – in einem ersten Schritt  – dagegen vorzugehen? Wegen solcher Zustände Sexkauf komplett verbieten zu wollen bedeutet doch, das Kind mit dem Bade auszuschütten. 

Wenn Frau Marlen ihre Gefühle und Empfindungen bei ihrer Arbeit beschreibt, wird dies von Breymaier einfach als Mythos oder Legende abqualifiziert. Das ist empörend und zeigt, dass mit Frau Breymaier eigentlich überhaupt nicht vernüftig diskutiert werden kann.Frau Breymaier schließt mit der Aussage: „ Mir hat erst letzte Woche ein Sozialarbeiterin Berlin von einer Frau erzählt,…..“Was ihr die Sozialarbeiter erzählen, ist für sie Fakt, was ihr eine Sexabeiterin berichtet, ist Mythos und Legende. Deshalb nochmal: Mit Breymaier ist eine vernünftige Diskussion nicht möglich! 

Als Schiedsrichter würde ich urteilen mindestens 1:0 für Frau Marlen! 

Mit freundlichen Grüßen 

A.

Antwort auf den Leserbrief von A.

Sehr geehrter Herr A.

haben Sie Dank für Ihre Zuschrift und Ihr damit verbundenes Interesse am Streitgespräch „Freier oder unfreier?“.

Dass ich mich als Moderatorin an dieser Stelle auf keine Seite schlagen möchte, ist vielleicht verständlich – wohl aber habe ich Ihre Zeilen mit Gewinn gelesen und kann Ihren Gedankengang dazu gut nachvollziehen.

Nicht ohne Grund ist sich Frau Breymaier im Klaren darüber, dass sie in Ihrer Partei wie überhaupt in der Gesellschaft eine Minderheitenmeinung vertritt. Kristina Marlen hingegen hat vielleicht die Mehrheitsmeinung auf ihrer Seite, dafür aber gesellschaftlich eine wesentlich schwierigere Position und Verbreitungskraft.

Insofern kann ich ganz unparteiisch immerhin soviel sagen, dass ich beide Frauen für ihren Mut bewundere, öffentlich für ihre Position bei so einem schwierigen Thema zu streiten. Und was ich noch sagen kann, ist: Dass ich mich, sowohl als Leiterin des Streit-Ressorts wie auch als als Moderatorin des Gesprächs, sehr über Ihr Interesse freue. Bleiben Sie uns gewogen.

Das hofft, mit freundlichen Grüßen

Charlotte Parnack DIE ZEIT