Die erste Online-Session

Durch die Corona-Pandemie haben wir Zustände, die sich bis vor wenigen Wochen niemand vorzustellen wagte. Das kulturelle Leben steht still, viele Geschäfte sind geschlossen, Sexarbeit ist verboten. Daria und ihre Kolleginnen dürfen in ihren Studios keine Gäste mehr empfangen.

Sehr gerne wäre ich diese Woche zu Daria nach Berlin gefahren, doch auch das Studio Lux ist längst zu. Aus der Not heraus haben Daria und ich eine Online-Session über WhatsApp vereinbart, damit wir nicht ganz aufeinander verzichten müssen. Ich Rückblick kann ich sagen: Die Idee, sich mit Daria per Videoanruf zu verabreden, war großartig! 

Es war für uns beide eine neue Erfahrung und unter den gegebenen Umständen ein toller Kompromiss. Auch per Videoanruf kann man sich innerlich nahe sein, wenn der körperliche Kontakt fehlt. Über unsere Displays hatten wir uns gegenseitig im Blick ‒ fast so, als würden wir uns persönlich gegenübersitzen. Teilweise fühlte es sich an, als wäre Daria ganz real bei mir im Wohnzimmer zu Gast. Über die Handykamera habe ihr sogar meine Wohnung gezeigt, eine irre Erfahrung! 

Wie eine Studio-Session bestand auch die Online-Session aus drei Teilen. Zunächst rief ich Daria zum Vorgespräch an und wir besprachen das Szenario. Danach legten wir auf (im Studio wäre Daria kurz vor die Tür gegangen) und mit einem erneuten Anruf begann die eigentliche Session. Es handelte sich um Rollenspiel aus dem Ageplay-Bereich, an der Grenze zwischen BDSM und therapeutischen Setting, wie das bei mir oft der Fall ist. 

Nach Abschluss unseres kleinen Rollenspiels legte ich nochmals auf (Daria wäre jetzt wieder aus dem Raum gegangen), um sie nach erneuter Pause zur Nachbesprechung anzurufen. Eigentlich der gleiche Ablauf wie immer ‒ nur virtuell statt physisch im Studio!

Ohne die Corona-Verordnungen (so ernst der Hintergrund auch ist) wäre ich vielleicht nie darauf gekommen, wie erfüllend auch eine Online-Session mit Daria sein kann. In diesen schweren Zeiten (mit ihren vielen Verboten und Einschränkungen) muss man kreativ sein und nach neuen Wegen suchen, um sich die kleinen Oasen der Lebensfreude zu bewahren.

Liebe Daria, ich wünsche mir, dass du jetzt ganz viel Solidarität von uns allen bekommst. Für die Wirtschaft werden Milliardenhilfen bereitgestellt, doch ihr als freiberufliche Sexarbeiterinnen werdet ‒ wenn überhaupt ‒ wahrscheinlich die Letzten sein, die ihren Teil davon abbekommen.

Umso mehr sind wir als deine Gäste, Kunden und Sklaven gefragt, uns mit dir und deinen Kolleginnen solidarisch zu zeigen. Eine Online-Session ersetzt nicht den persönlichen Kontakt im Studio, doch auch ein Videokontakt kann ein tolles Erlebnis sein und hilft euch als Sexarbeiterinnen, die finanziellen Einbußen der nächsten Zeit ein wenig abzumildern. Wir als deine Gäste sollten jetzt kompromissbereit sein und euch so gut es geht unterstützen. Dazu möchte ich ausdrücklich ermutigen!

Dein

Adrian

6 Antworten auf „Die erste Online-Session“

  1. Gestern hab ich bei Twitter gelesen, dass du mittlerweile Soforthilfe beantragt und auch bekommen hast. Ich freue mich so für dich, liebe Daria, dass das geklappt hat!

    Ich hätte es nicht so hoffen gewagt, dass auch Sexarbeiterinnen jetzt unbürokratische Unterstützung beantragen können. Glücklicherweise hab ich mich in diesem Punkt geirrt.

    1. Hallo Adrian, ja, dass stimmt. Ich bin ganz glücklich drüber ? Ich habe mich bei dem Antrag auf das nötigste beschränkt, also meine Fixkosten sind jetzt für drei Monate abgedeckt. Den Rest bekomme ich sicher mit Therapieklienten und OnlineSitzungen rein. Ganz prima, wirklich toll. Ja, wer hätte das von Baden-Württemberg gedacht..?

  2. Uiiii was wieder für ein toller Bericht. Ehrlich was du so schreibst ist schon spannend. Wie ihr damit so umgeht…

    Daria Life erleben ist schon ein Erlebnis und würde sowas nie ersetzen…Aber in den Zeiten wo das Soziale immer weg fällt und in die Einsamkeit geht, hilft sowas schon gut…

    Und ich hoffe das dieser Spuck bald ein Ende hat…

    Daher bleibe auch du Adrian Gesund und pass gut auf dich auf…Und hoffe bald wieder was von dir zu lesen…

    der kleine Werwolf

      1. Ich möchte mir nicht ausmahlen wie die Situation vor 20 Jahren gewesen wäre. Wo es diese Technik nicht wirklich gab…

        Daher kann man nur dankbar sein, das es so irgendwie geht…und man die Möglichkeit hat…

  3. Danke Dir sehr Adrian, für den feinen Text und Deine Unterstützung. Die Zeit momentan ist für sehr viele Menschen sehr schwer und wir müssen schauen, wir wir damit umgehen können. Eine Online-Session ist zumindest auch in diesem Falle eines der wenigen Medien die wir haben um die Zeit zu überbrücken, in der wir einander nicht berühren können.

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