Hier ein Mitschnitt einer Podiumsdiskussion von gestern dem 30. Juni 2022
Und hier eine kleine sehr schöne Reportage über Sexualbegleitung/Sexualassistenz die der fabelhafte Tomatolix am vergangenen Sonntag raus gebracht hat:
DAS war wohl das bisher größte Projekt meines Lebens. Ich habe über die letzten Wochen vor der Veranstaltung rund 60 bis 100 Stunden wöchentlich daran gearbeitet – wirklich ein riesen Ding. Ich habe meine eigene Arbeit vollkommen vernachlässigt; ich habe z.B. wochenlang meine eigenen E-Mails nicht beantwortet; ich hatte ein, zweimal Panikattacken (hatte ich bisher nie, und seitdem auch nicht mehr), manchmal Albträume; ich habe selber ganz schön viel Geld investiert und ich WOLLTE unbedingt, dass DAS WAS GUTES WIRD! Allein das Konzept „Hybrid“ ist schon eine ganz eigene Herausforderung, die mir schlaflose Nächte bereitet hat. Die Finanzierung ebenso; oder die Demos vor dem Gebäude, damit die Gegner*innen uns nicht den Weg versperren. Puh 😅 in meinem bisherigen Leben hatte ich nie zuvor so viele Dinge gleichzeitig zu bearbeiten. Manchmal habe ich wirklich fünf Sachen auf einmal gemacht – wie das funktioniert hat, ist mir schleierhaft.
Ja, die Konferenz war etwas WIRKLICH GUTES – in meinem Augen ein voller Erfolg. Wir haben tolle Menschen zusammen gebracht. Wir haben eine wirklich gute und vielseitige Aufklärung zu den Themen Sexarbeit, Prostitution und Menschenhandel dargeboten. Darüber hinaus hatten wir eine breite Vielfalt an anderen Workshops und Vorträgen – sowohl Online-, als auch in der Präsenzveranstaltung. Der Sexworker-Only-Tag war wunderbar – tolle Kolleg*innen aus allen Branchen waren dabei, hatten Spass und konnten sich gut „empowern“. Das tat gut!
Die Menschen allerdings, die wir erreichen wollten, haben wir zum Teil nicht erreicht. Allerdings habe ich sooo viele, tolle Verbündete kennengelernt, dass ich alleine davon immer noch tief berührt bin. Diese Menschen haben mich und uns bestätigt, gestärkt und teilweise das was ich hier erlebt habe mit ihren eigenen Erfahrungen untermauert. Stuttgart ist wirklich ein hartnäckiges Nest!
Ach, und völlig verrückt und ein wenig surreal – ich weiß nicht ob ich es jemals sagte, Madame Simone habe ich tatsächlich erst am 1. Tag der Konferenz das allererste Mal „live“ gesehen. Wir haben dieses große Schiff zusammen geschaukelt, ohne uns jemals persönlich getroffen zu haben – Zoom macht wirklich viel möglich.
Ich bedanke mich nochmal recht herzlich bei allen die dabei waren und die Veranstaltung möglich gemacht haben, insbesondere der AIDS-Hilfe Stuttgart – ohne die das alles gar nichts möglich gewesen wäre. Und besonders auch allen edlen Spendern, Ihnen danke ich ebenso sehr. Die Finanzierung war sehr lange vakant und ich habe so viele Freunde, Gäste und Kolleg*innen angeschnorrt 😅. Tausend Dank euch! Nicht zuletzt dem BesD e.V., der Berufsverband hat mich in den letzten Jahren schon sehr geprägt. Ohne ihn würde ich mich hier vermutlich heute noch vollkommen verloren fühlen.
Die Gegner*innen haben sich, für meinen Geschmack, sehr zurück gehalten. Es waren zwei Personen von der Presse da, die normalerweise sehr moralische Artikel über das Thema schreiben – haben sie diesmal nicht getan – vielleicht haben Sie etwas gelernt? Ich weiß es nicht, aber ich war sehr dankbar drüber, das niemand uns in den Kakao gezogen hat. Und eine Frau war dabei, die sich freudig unter Volk gemischt und die Presse abgegriffen hat. Darüber war ich ziemlich sauer – wenn es euch/Sie interessiert, ich habe in meiner Anschlussrede etwas dazu gesagt.
Und – ICH WERDE WEITER MACHEN – so lange bis sich hier in Stuttgart etwas rührt und bis wir in Deutschland ein Sexkaufverbot abgewendet haben. 😊
Wer noch mehr über die Konferenz erfahren möchte, oder die Presse studieren mag wird hier fündig:
…und gleich noch etwas 🙂 In den letzten Monaten, nebst der Konferenz und allem anderem war ich natürlich nicht untätig – ihr könnt mich in den kommenden Wochen das ein oder andere Mal im TV oder Radio erleben.
Am Montag, den 7. Juni um 18:45 Uhr bin ich in der Landesschau BaWü.
Und so wie es aussieht läuft in der ARD/SWR Mediathek am dem 8. Juni die Doku die wir im letzten Monat gedreht haben. Ich werde von der ehemaligen Münsteraner Tatort-Kommissarin Friedrike Kempter besucht und es werden verschiedenen Aspekte meines Lebens und meiner Arbeit gezeigt <3. „Friederike klopft an“
Hier, nun doch ein paar Tage früher, geht es zur Doku ❤️
morgen ist der 2. Juni – es ist Welthurentag! Zu diesem Tag und als Antwort auf komplizierten politischen Diskussionen, die schwierigen Bedingungen für Sexarbeiter:innen in Stuttgart und BaWü, sowie die Entwicklungen zum Thema „Sexkaufverbot“ in Deutschland wollen wir ein Zeichen setzen: „Redet mit uns und nicht mehr über uns!“
Unter dem Motto „AUFKLÄREN STATT AUSGRENZEN“ lüfte ich nun das Geheimprojekt an dem ich monatelang mit meiner Kollegin Madame Simone in Kooperation mit der AIDS-Hilfe e.V. Stuttgart gearbeitet habe:
Mit der Info auch eine Bitte von mir: Falls ihr nach dieser langen Corona-Zeit noch Geld übrig haben solltet – bitte unterstützt uns. Die Miete für die Liederhalle und einige kleine Teile der Orga sind bereits finanziert und natürlich generieren wir auch Gelder durch den Eintritt – aber; ein gutes Hybrid-Konzept und alles was dazu gehört und auch die Kolleg:innen die nicht so viel Geld haben benötigen eure Hilfe.
Wenn ihr also etwas spenden mögt, wäre das fantastisch <3 Und wenn ihr diesbezüglich auch noch Lust habt zu erfahren, was wir mit dem Geld gestemmt haben, schreibt mir eine Mail – dann halte ich euch ganz exklusiv auf dem laufenden!!! Hier könnt ihr helfen:
Ich danke euch sehr und ich danke all denen die bei dieser ganzen Aktion mit mir ehrenamtlich „Blut und Wasser geschwitzt haben und schwitzen“ um für die Rechte von Sexarbeitenden einzustehen und dieses Projekt überhaupt zum laufen bringen! Und ein Dank auch an alle die mich aushalten, wenn ich manchmal vor „zu-vollem-Kopf“ so verstrahlt bin, dass ich nicht mehr weiß wo oben und unten ist 😉
heute haben wir den 8. März 2021 – es ist Weltfrauentag.
Während ich heut früh Nachrichten gelesen, getwittert und etwas bei Instagram eingestellt habe, ist mir klar geworden, dass ich zwar meine Homepage letzten Monat vollkommen überarbeitet habe, aber ansonsten seit Weihnachten nichts mehr geschrieben habe.
Also ein kleines Lebzeiten von meiner Seite!
Auch wenn wir nach wie vor nicht arbeiten dürfen, arbeite ich mehr denn je. Meine Position als Sprecherin für BaWü für den BesD und mein Posten in der Aidshilfe Stuttgart (beides übrigens ehrenamtliche Tätigkeiten) und meine Praxis, sowie meine Ausbildung zu Sexualtherapeutin beschäftigen mich sehr. Ach, und dann plane ich gerade ein Geheimprojekt – dass kann ich vermutlich die Tage öffentlich machen…aber .erst Verträge unterzeichnen 🙂 Letzteres bedeutet, der Kampf für die Rechte von Sexarbeitenden und Aufklärung zum Thema Sexarbeit geht weiter!
Soll heissen „ich lebe noch“ und „eines Tages werde ich hoffentlich auch wieder normal arbeiten dürfen“! Bis dahin bin ich mit diesen Tätigkeiten absorbiert.
In der vergangenen Woche wurden meine Kolleg*Innen Kristina Marlen und Johanna Weber mit einer ziemlich üblen Methode quasi über den Tisch gezogen. Wirklich immer wieder schlimm wie auf Seiten der Sexkaufsverbotslobby agiert wird und wir Sexarbeiter*Innen behandelt werden.
Falls Sie/ihr auf dieser Seite mal länger nichts von mir lest, ich versuche kontinuierlich zu Twittern was so los ist. Hier gehts zu meinem Profil: Daria Oniér
Ihnen und euch einen tollen Weltfrauentag und einen wunderbarer Frühling!!!
Vor einigen Wochen war im Institut Weltethos in Tübingen. Ich mich dazu bereit erklärt einen Podcast mit einer Befürworterin eines Sexkaufverbotes von Sister e.V. aufzunehmen. Überzeugt hat mich, dass dies auf einer Basis von einer gewaltfreien Atmosphäre stattfinden sollte…. und ich wollte es als Übung nehmen – Stuttgart ist voll von Menschen die ein Sexkaufverbot befürworten.
Im Vorfeld war ich wirklich ziemlich aufgeregt – ich habe bereits viele Szenarien erlebt, in denen die Leute verbal übereinander herfallen. Die Gegner*Innen rhetorisch meist sehr gut gebrieft und ich weiß, dass ich häufig noch eher unsicher bin, da ich noch gar nicht so lange in der Materie bin.
Jetzt habe ich das ganze zusammengeschnitten gehört und bin ganz zufrieden damit. Ein paar mal habe ich mich leider ungünstig ausgedrückt.
Was wirklich gut war – das Gespräch geht an einigen Stellen tiefer in die Materie und erklärt dadurch sehr gut, was ein Sexkaufverbot für uns bedeuten würde. In einem anderen Leben wäre ich vielleicht mit Käthe befreundet 🤷♀️ Tolle Frau, es hat Spaß gemacht sich mit ihr auszutauschen.
vor knapp vier Jahren bin ich in den Stuttgarter Speckgürtel gezogen. Ich komme aus dem liberalen Hamburg und habe mich, nachdem ich begonnen habe hier zu arbeiten, in die Stadt Stuttgart verliebt. Alle Leuten denen ich erzähle, dass ich die Schwaben toll finde und mich hier wohler fühle als ich mich je in Hamburg gefühlt habe, belächeln mich und können es kaum glauben.
Und das ist auch noch heute so, allerdings fühle ich mich grade von Deiner Politik verraten und verkauft.
Gestern Abend kam ich aus Bonn zurück, meine Kolleg*Innen vomBesD und vom BSDund ich haben dort zwei Veranstaltungenorganisiert, im Zuge einer Tagung Bündnis nordisches Modell von Abolitionisten*Innen, um auf uns aufmerksam zu machen und zu demonstrieren, dass wir da sind und nicht aufgeben.
Auf dem Heimweg habe ich im Zug noch ein wenig „gesurft“ und wurde bei Facebook auf folgende zwei Beiträge aufmerksam gemacht:
Zu Hause angekommen, habe ich festgestellt dass ich mich schon wieder maßlos darüber ärgere, dass die Stadt Stuttgart horrende Summen in solche Unternehmen und Kampagnen stecken kann. Getoppt wurde das dann noch von dem Kommentar von Frau Breymeier, die bei Twitter über uns spottete:
Liebe Stadt Stuttgart,
ist DAS wirklich DEIN Ernst?
Vor einigen Wochen bin ich über die Information gestolpert, dass Du unter anderem die RotlichtAUS Kampagne und für die Sisters im Frühjahr 2020 mit 50.000 € gefördert hast.
….jetzt da ich das noch einmal lese, werde ich fast grün vor Ärger!
Nachdem am Donnerstag nach dem runden Tisch BaWüzu Thema Prostitution klar war, dass wir bis auf Weiteres nicht arbeiten dürfen, war ich schon verärgert und ohnmächtig. Es wurden von verschiedenen Beratungsstellen berichtet, dass Sexarbeit sich durch das Arbeitsverbot bereits in der Illegalität breit macht und viele Sexarbeiter*Innen sich in existenzieller Not befinden. Prostitution im Dunkelfeld fördert nachweißlich die Gewalt und die Abzocke an Sexarbeitenden und durch Anonymität und Hilflosigkeit auch Infektionen mit Corona und STI’s.
Dein Sozialminister Manne Lucha sagt im selben Atemzuge, dass er auf Seiten der Prostituierten steht und dass er Bordelle (und somit sichere Arbeitsplätze) nicht öffnen wird, ohne das eine Klage entsprechendes erreicht….oder die Infektionslage sich deutlich verbessert.
Stuttgart,DAS ist doch alles nicht war. Nicht zu öffnen aufgrund steigender Coronainfektionen wäre ja eventuell noch nach zu vollziehen – eigentlich auch nicht, wenn Du Sexarbeitenden Solidarität versprichst – aber nachvollziehbarer wäre es.
Wenn ich aber sehe wie DU Deine Fördergelder verteilst wird klar, DU willst uns gar nicht helfen. Es macht mich fassungslos zu sehen wie damit DU mit diesen Kampagnen tausende von Sexarbeitenden diffamierst und ruinierst – ohne mit uns zu sprechen.
DU willst UNS einfach nicht, Du möchtest hunderte von Männern, Frauen und Transmenschen ans Messer liefern. Nicht nur zu Zeiten von Corona, sondern auch langfristig.
DU willst einfach nur das Rotlicht AUSKNIPSEN – für immer.
Aber weißt Du was? Das wird nicht funktionieren, nur leider hast Du das bisher nicht begriffen. Prostitution verschwindet nicht, nur weil man sie verbietet. In Schweden gibt es immer noch genau so viele Sexarbeitende wie vor Einführung des schwedischen Modells und das unter sehr viel schwierigeren Bedingungen, z.B. berichten Sexarbeiter*Innen, dass sie sich von der Polizei verfolgt und nicht geschützt fühlen.
(Quelle Universität Göteborg, Susanne Dodillet)
Es das „schwedische oder nordische Modell“ zu nennen verharmlost die Situation und das Thema um das es geht. Das worüber wir hier sprechen sind Sexkaufverbote = KriminalisierungsModelle.
Was ein solches KriminalisierungsModell bedeutet, zeigt die Situation unter dem jetzigen Arbeitsverbot recht deutlich. Sexarbeit findet weiterhin statt, muss absolut heimlich geschehen. Häufig unter extremen Stress und Druck und mit steigender Gewalt und weniger Geld, da Sexarbeitende in der Illegalität erpressbarer sind – also unter miserablen Bedingungen.
Behauptet wird: „Das nordische Modell soll Sexarbeiter*Innen schützen und ihnen im Umgang mit Kunden zu einer verbesserten Rechtslage verhelfen.“ DAS nenne ich Verharmlosung und vollkommene Verschleierung. Liebes Stuttgart, glaubst Du das ernsthaft?
„SEXARBEIT“ ist in Schweden erlaubt, aber kriminalisiert wird jede/r, die/der von den „verdienten“ Geldern der Sexarbeiter*Innen profitiert, Ehemänner, Babysitter*Innen, Vermieter*Innen etc. Dass heisst jeder der sich mit „jemandem wie mir“ abgibt und irgendwelche Geldwerten Mittel von mir erhält würde sich strafbar machen. In meinem Falle mein Vermieter, meine Ziehtochter und meine Ziehenkelin.
Darüber hinaus werden in Schweden dann auch noch diejenigen bestraft, die eine sexuelle Dienstleistung erwerben – also Sie/Ihr!
Liebe Gäste, liebe Sklaven*Innen, liebe Nutzer von Sexualassistenz, Massagen, Sex,
– ihr liebe Damen, Herren und diverse Menschen in Stuttgart
– ihr, die ihr ab und zu eine sexuelle Dienstleistung in Anspruch nehmt
– „ja genau Du“ – Du würdest Dich in Zukunft strafbar machen! Ach ja, und ich, ich auch – ich habe auch schon für sexuelle Dienstleistungen gezahlt.
Es ist vollkommen paradox, dass ich dann nach dem „schwedischen Prinzip“ zwar noch legal arbeiten dürfte und alles um mich herum kriminalisiert wird? Wie genau kann das gelingen, STUTTGART? Wie finde ich dann einen sicheren Raum in dem ich arbeiten kann? Und wie jemanden, bei dem ich wohnen kann? Wie generiere ich meine Gäste? Was kommen da noch für Gäste?
Stuttgart, ich klage Dich an. Du verletzt meine Grundrechte, meine freie Berufswahl und Du willst mich und zig tausende Mitstreiter*Innen in die Illegalität drängen.
Von 90.000€ Fördergeldern zahlst Du 60.000€ für Kampagnen gegen mich und meinen Berufsstand. Aus Töpfen die für Gleichstellung und Chancengleichheit gedacht sind – und ich bekomme gar keine Chance.
Realsatire sagte eine bekannte Aktivistin dazu – Du nimmst meine Steuergelder und zahlst für eine Kampagne die mich in die Illegalität drängen möchte.
STUTTGART – wir müssen reden!
Für alle die es wirklich interessiert, hier weitere Stellungnahmen und Informationen zum Thema:
…und ein Paradebeispiel dafür bietet, dass wir Sexarbeiter*innen von eben diesen überhaupt nicht ernst genommen werden! Und leider auch deutlich macht, wie unmöglich es ist mit solchen Menschen eine konstruktive Auseinandersetzung zum Thema Sexarbeit zu führen.
Sarkasmus, Lügen, Manipulation und absurde Analogien
Damit ihr wisst wovon ich hier schreibe, gehts hier zum besagten Artikel: Kontext
Ein Artikel der dafür sorgte, dass ich gestern unglaublich sauer auf mich selber war – zum einem weil ich nicht über ALLE angemeldeten Presseleute ALLE entsprechenden Infos eingeholt hatte, zum anderen über den Text an sich und über die Art und Weise wie Menschen den Journalismus so missbrauchen können. Bei der Einhaltung ihres Berufskodex* einfach mal ganz tief ins Klo gegriffen: Fern ab von neutraler Berichterstattung.
Nach jeder Menge guter Presse – als Echo auf unsere Pressekonferenz, die Laufhausführung und die Kundgebung der letzten Woche hier in Stuttgart, war er dann da: „Der Artikel den man ganz sicher nicht lesen möchte, wenn man sich gerade sehr intensiv politisch für seine Grundrechte und seine Berufsgruppe eingesetzt hat!“
Ich wollte niemals politische Arbeit machen. Ich wollte vor allem nicht als Sexarbeiterin im Fernsehen landen, geschweige denn Demos organisieren oder mich mit Journalismus auseinander setzen. Da Sexarbeit KEINE Lobby hat außer die Sexarbeitenden selber und das Thema weder in der Politik noch in den Medien fair behandelt wird, blieb mir bei meinem hohen Sinn für Gerechtigkeit irgendwann aber gar nichts anderes mehr übrigens als mich politisch zu engagieren.
Ja, es mag unglaublich naiv klingen, aber was mich jetzt dabei am meisten umtreibt ist der Fakt, dass ich nicht ernst genommen werde!
Einen solchen Tag, wie den 6. August 2020 zu organisieren ist ein unglaublich anstrengendes Unterfangen, kostet sehr viel Zeit und Energie, bringt kein Geld und war trotzdem unabdingbar – vor allem in Stuttgart. Das Stigma und die Diskriminierung ist riesig und wie sollen wir ohne politisches Engagement zu einer Anerkennung der Sexarbeit kommen. Überall wird ständig über uns anstatt mit uns geredet.
So bin ich dann doch in diesem politischen Feld gelandet und Frau Stiefel nutzt ihre Stellung bei der Kontextwochenzeitung um ihre „persönliche Meinung“ zu einem möglichen Prostitutionsverbot zu verbreiten und scheut dabei weder vor Lügen noch vor Manipulation zurück. Das nehme ich irgendwie persönlich, als würde jemand mein Engagement und meinen Berufstand mit Füßen treten. (Ja, ich weiß, ich sollte das nicht persönlich nehmen…)
Und Frau Stiefel hat es ebenfalls getan: Sie hat nicht mit uns geredet, sondern jetzt redet sie über uns! Denn Frau Stiefel hat nicht eine Frage gestellt. Sie hätte die Chance gehabt, mit uns einen offenen Austausch zu führen. Aber nein, sie missbraucht ihren Pressekodex um ihre persönliche Meinung kund zu tun und unsere Aktion ins Lächerliche zu ziehen.
In ihrem Artikel nutzt sie jede Form der rhetorischen Manipulation um den Leser emotional zu beeinflussen, hier zum Beispiel: „….die Tattoo-Dichte auch. Masken tragen alle, beliebt bei Männern aus dem Milieu: Totenkopfmaske, die ein grimmiges Lächeln ins Gesicht friert.“ Was genau trägt das zur Sache bei?
„Die Show für die Presse ist ein bisschen wie ein Tag der offenen Tür bei der Bundeswehr. Keiner redet über Krieg, alle bestaunen die Gewehre, und wer Glück hat, darf am Ende Panzer fahren!“ schreibt Frau Stiefel. Merkwürdige Analogie würde ich sagen, was sie damit bezweckt, kann ich nur mutmaßen. Prostitution mit Krieg gleich zu setzen? Braucht man das, wenn einem die Argumente fehlen? Oh – jetzt werde ich auch sarkastisch – ein Übel das ich der Frau Stiefel vorwerfe – und nun tappe ich selber in die Falle. Verzeihung, aber diese Berichterstattung ist auf keiner Ebene fair, da fällt es mir wirklich schwer mich selbst anständig zu verhalten.
„Man könnte meinen, der Sex-Job sei ein Riesen-Spaß…“,
„…Barsesselchen…“, …und schwupps, so ganz nebenbei…“, ,„…Knöpfchen drücken…“, „…hier im Tabeldance-Schuppen…“, „…sexy Effekt“…, „…außerdem hätten sie ein super Hygienekonzept…“. Auch bei mehrfachem Lesen finde ich kaum einen Satz der wirklich ernst gemeint ist. Das meiste wird ins Lächerliche gezogen, übertrieben dargestellt und merkwürdig betont, so das der Leser gar nicht die Möglichkeit bekommt, sich ein neutrales Bild des Geschehens zu machen.
Auch an Lügen wird natürlich im Artikel auch nicht gespart: „Menschenhandel, Zwangsprostitution oder Gewalt sind kein Thema im Messalina im Stuttgarter Rotlichtviertel.“ Wer dabei war weiß, das das Thema Prostitution im Verborgenen während der momentanen Situation, eines der wichtigen Themen auf der Pressekonferenz und auch auf der Kundgebung war. Die Not der Frauen, die keine Soforthilfe bekommen haben, die keinen festen Wohnsitz haben etc., und jetzt heimlich arbeiten müssen ist gravierend und benötigt dringend Unterstützung. Das ist einer der Gründe, warum wir fordern, dass wir wieder arbeiten dürfen. Alle Sexarbeitenden die jetzt gerade arbeiten müssen, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt, sind widrigen Umständen ausgesetzt. Da sie gerade illegal arbeiten, sind sie erpressbar und können sich in Nöten an niemanden wenden.
Aber zurück zum Thema Lügen und Manipulation: „In Schweden, wo Sexkauf verboten ist, gelten Männer, die eine Frau nur über Geld ins Bett kriegen, längst als Loser“ heisst es! So ein Quatsch! Wieder erzeugt sie, mit einer nicht nachweisbaren Aussagen, Emotionen beim Leser….weil es ja auch so viele Studien und Statistiken dazu gibt, dass Männer die Sexarbeit in Anspruch nehmen Loser sind. „Und jeden Tag gehen in Deutschland eine Million Männer ins Bordell!“ ist die nächste Unwahrheit die in den Raum gestellt wird. Denn wenn nicht einmal klar ist, wie viele Sexarbeiter*innen es in Deutschland gibt, wie kann dann eine solche Zahl entstehen?
Nun nachdem ich diesen Beitrag geschrieben habe, finde ich es nur noch halb so wild, was Frau Stiefel aus ihrem Artikel gemacht hat. Wie gesagt, ein Paradebeispiel dafür wie die Gegnerfraktion mit uns Sexarbeiter*innen umgehen. Nämlich das lieber über uns als mit uns geredet wird.
Dennoch, ein bitterer Beigeschmack bleibt, denn ich mag es nicht, wenn jemand mich nicht ernst nimmt und sich über mich lustig macht.
Im Übrigen, uns (allen Aktivist*innen in der Sexarbeit die ich kenne und mir) ist durchaus bewusst, dass es Menschenhandel und Gewalt in der Prostitution gibt. Wir sind jederzeit dazu bereit, darüber zu sprechen und es ist uns ein Anliegen, uns für bessere Bedingungen und vernünftige Rechte zu engagieren.